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Was regelt die EU-Tierversuchsrichtlinie?

Die Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (kurz: Tierversuchsrichtlinie) regelt Tierversuche in der EU. Die überarbeitete Richtlinie löste das veraltete Regelwerk aus dem Jahr 1986 ab. Die 27 Mitgliedstaaten mussten die EU-Vorgaben bis November 2012 in nationales Recht umsetzen. 

Was sind die wesentlichen Neuerungen?

  • Ausweitung des Geltungsbereichs
  • Ersatz von Tierversuchen als Ziel
  • Schmerz-Leidens-Obergrenze
  • Angst der Tiere als Leid anerkannt
  • Genehmigungspflicht für alle Tierversuche
  • Schutz für fötale Formen von Säugetieren
  • Einteilung in Schweregrade
  • Retrospektive Bewertung
  • Schaden-Nutzen-Analyse / Ethische Abwägung
  • Prüfbefugnis der Behörde gestärkt
  • Veröffentlichung von Versuchsvorhaben
  • Umfangreichere Erfassung von Tierzahlen
  • National keine strengeren Regelungen / Beibehalt bestehender höherer Tierschutzstandards

Was bedeuten die Neuerungen in der Praxis?

Nach Jahre langen Verhandlungen hat die EU-Tierversuchsrichtlinie eine Runderneuerung erfahren, die in vielen Bereichen den Tierschutz stärkt. Mit der Ausweitung des Geltungsbereichs fallen nun auch die Grundlagenforschung und die Ausbildung unter die Vorgaben der Richtline. Bislang galt diese nur für wirtschaftlich ausgerichtete Tierversuche.

  • Positiv hervorzuheben ist, dass als letztendliches Ziel der Ersatz von Tierversuchen formuliert wird. In Erwägung 10 der Tierversuchsrichtlinie heißt es: „…Diese Richtlinie stellt jedoch einen wichtigen Schritt zur Erreichung des letztendlichen Ziels dar, Verfahren mit lebenden Tieren für wissenschaftliche Zwecke und Bildungszwecke vollständig zu ersetzen, sobald dies wissenschaftlich möglich ist.“ Dieser Ansatz ist zwar noch weit entfernt vom dringend gebotenen und von uns seit Langem geforderten Ausstieg aus dem Tierversuch, formuliert aber immerhin das Ziel, sich vom Tierversuch wegzubewegen.
  • Eine große Errungenschaft ist auch, dass es eine Obergrenze für Schmerzen und Leiden gibt, ab der ein Tierversuch nicht mehr durchgeführt werden sollte. Dazu heißt es in Erwägung 23 der Richtlinie: „Aus ethischer Sicht sollte es eine Obergrenze für Schmerzen, Leiden und Ängste geben, die in wissenschaftlichen Verfahren nicht überschritten werden darf. Hierzu sollte die Durchführung von Verfahren, die voraussichtlich länger andauernde und nicht zu lindernde starke Schmerzen, schwere Leiden oder Ängste auslösen, untersagt werden.“ Neu ist hierbei auch, dass ausdrücklich die Angst, die Tiere im Labor erfahren, als Leid berücksichtigt wird. Mit einer sogenannten Schutzklausel lässt die EU allerdings ein Schlupfloch, das es den Mitgliedstaaten in begründeten Ausnahmefällen ermöglicht, Tierversuche oberhalb der Schmerz-Leidens-Grenze zuzulassen.
  • Eine Genehmigungspflicht gilt jetzt für alle Tierversuche. Vor allem für die EU-Länder, in denen es bislang keine Genehmigungsverfahren für Tierversuche gab, ist die Tierversuchsrichtlinie wichtig. Solche Genehmigungsverfahren gab es nur in wenigen Ländern wie Deutschland, Schweden und Dänemark. Die anderen Länder mussten solche nun einführen, was zumindest eine gewisse Kontrolle und geregelte Abläufe verspricht. Mit Blick auf Deutschland unterliegen Tierversuche, die der Behörde bisher angezeigt, also lediglich gemeldet werden mussten, wie z. B. gesetzlich vorgeschriebene Versuchsvorhaben im Rahmen der Arzneimittelzulassung, zukünftig einem vereinfachten Genehmigungsverfahren. Dies bedeutet eine potenziell stärkere Prüfmöglichkeit durch die Behörde. Tierversuche zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, die bisher nur einem Anzeigeverfahren unterlagen, sind jetzt genehmigungspflichtig.
  • Die Tierversuchsrichtlinie stellt nun auch fötale Formen von Säugetieren ab dem letzten Drittel ihrer Entwicklung sowie Kopffüßer unter potentiellen Schutz.
  • Die Tierversuchsverfahren müssen auf der Grundlage des voraussichtlichen Ausmaßes der Schmerzen, Leiden, Ängste und dauerhaften Schäden, die den Tieren zugefügt werden, in Schweregrade eingeteilt werden. Als Schweregrade gibt es „keine Wiederherstellung der Lebensfunktionen (Tod in Narkose)“, „gering“, „mittel“ und „schwer“. Anzumerken ist allerdings, dass die Experimentatoren die Einteilung in Schweregrade für ihre Versuche selbst vornehmen, wobei das Leid häufig zu niedrig eingestuft wird.
  • Eingeführt worden ist auch eine retrospektive Bewertung. Diese greift zwar nicht für alle Tierversuche, jedoch müssen Tierversuche an Primaten sowie solche, die in den Schweregrad „schwer“ fallen, einer rückblickenden Bewertung unterzogen werden. Dabei wird überprüft, ob das Leid der Tiere (Schweregrad) korrekt eingestuft war und ob der angestrebte Nutzen eingetreten ist.
  • Die Prüfbefugnis der Behörde im Rahmen des Genehmigungsverfahrens von Tierversuchen wurde gestärkt. Auch soll nach Vorgaben der EU-Richtlinie eine umfassende Projektbewertung, bei der ethische Überlegungen im Zusammenhang mit der Verwendung von Tieren berücksichtigt werden, den Kern der Projektgenehmigung bilden. Für die Projektbeurteilung bestimmt die EU, dass die Behörde mit einer der Art des jeweiligen Projekts angemessenen Detailliertheit daraufhin überprüfen darf, ob beispielsweise das Projekt die Verwendung von Tieren rechtfertigt. Wesentlicher Bestandteil dabei ist eine Schaden-Nutzen-Analyse des Projekts, in deren Rahmen bewertet wird, ob die Schäden für die Tiere in Form von Leiden, Schmerzen und Ängsten unter Berücksichtigung ethischer Erwägungen durch das erwartete Ergebnis gerechtfertigt sind und potenziell Menschen, Tieren oder der Umwelt zugute kommen können.
  • Etwas Transparenz bringt die Veröffentlichung von Projektzusammenfassungen. In Deutschland werden diese sogenannte Nicht-technische Projektzusammenfassungen (NTP) der Versuchsvorhaben in einer zentralen Datenbank des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) in anonymisierter Form veröffentlicht. Diese enthalten Angaben darüber, was mit den Tieren geschieht sowie über den Schweregrad.
  • Zahlen der Tiere, die gezüchtet, aber nicht in tierexperimentellen Verfahren verwendet und daher ohne Verwendung getötet werden (sogenannte Überschusstiere einschließlich der genveränderten Tiere), werden erfasst. Die Mitgliedstaaten mussten hierbei erstmals 2018 und danach alle fünf Jahre die Zahlen der Tiere, die gezüchtet, aber nicht in tierexperimentellen Verfahren verwendet und getötet werden, an die Europäische Kommission übermitteln, welche diese Daten dann veröffentlicht.
  • Zu kritisieren ist, dass die EU-Richtlinie nicht zulässt, dass die Mitgliedsstaaten strengere Regelungen erlassen. Immerhin schafft sie aber eine Basis für einen EU-einheitlichen, verbesserten Tierschutzstandard. Auch dürfen bestehende, national höhere Regelungen beibehalten werden. 

Historie

Tauziehen um die Tierversuchsrichtlinie

Im November 2008 hatte die Europäische Kommission zunächst einen Entwurf für die Tierversuchsrichtlinie vorgelegt, der zwar weit von unseren Forderungen, wie dem Ausstieg aus dem Tierversuch entfernt war, immerhin aber weitere positive Aspekte enthielt, die sogar noch weitere Verbesserungen dargestellt hätten. So war beispielsweise ursprünglich vorgesehen, ganz besonders leidvolle Tierversuche ausnahmslos zu untersagen und Versuche an Affen zumindest einzuschränken. Auch sah die Kommission vor, dass sogenannte Alternativmethoden eingesetzt werden, wenn sie vorhanden sind, wohingegen nun zunächst die Aufnahme in internationale Vorschriften erforderlich ist, was viele Jahre dauert. Im Zuge der Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und EU-Ministerrat sowie unter Einflussnahme Deutschlands (siehe dazu Abschnitt „Die Bundesregierung als Verfechter von Tierversuchen“) wurden manche Vorhaben jedoch abgeschwächt. 

Die Bundesregierung als Verfechter von Tierversuchen

Während der Verhandlungen um die Tierversuchsrichtlinie bis hin zur Umsetzung in deutsches Recht (siehe Abschnitt „Umsetzung der Tierversuchsrichtlinie in Deutschland“) hat die Bundesregierung dazu beigetragen, einige Vorgaben zu Ungunsten des Tierschutzes zu ändern.

Beispielsweise war im ursprünglich von der Kommission vorgelegten Entwurf eine Genehmigungspflicht für alle Tierversuche vorgesehen. Deutschland aber brachte in Anlehnung an die deutsche Anzeigepflicht ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche und die Produktion von Stoffen (z.B. Impfstoffen) ein, eine deutliche Abschwächung also. Bezogen auf Deutschland stellt es jedoch eine Verbesserung gegenüber der bloßen Anzeigepflicht dar.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nahm Einfluss auf das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und forderte, dass sämtliche Experimente an Affen - auch Menschenaffen - und geschützten Tierarten sowie Versuche, die länger anhaltende, schwerwiegende Leiden und Schmerzen bei den Tieren hervorrufen, erlaubt sein sollen, da solche Einschränkungen mit der grundgesetzlich verankerten Forschungsfreiheit nicht zu vereinbaren seien. Anstelle eines Verbots solcher Versuche, sind diese nun grundsätzlich möglich (siehe Abschnitt „Was bedeuten die Neuerungen in der Praxis?“) 

Umsetzung der Tierversuchsrichtlinie in Deutschland

Die EU-Richtlinie hätte bis November 2012 in deutsches Recht überführt werden müssen. Im Januar 2012 hatte die Bundesregierung Entwürfe für ein neues Tierschutzgesetz sowie für eine Tierversuchsverordnung vorgelegt. Das völlig unzureichende Tierschutzgesetz trat nach langem Ringen und mit Verspätung im Juli 2013 und die neue Tierversuchsverordnung im August 2013 in Kraft. An einigen Stellen waren die von der EU gesetzten Tierschutzvorgaben zu Ungunsten der Tiere umgesetzt und das bestehende deutsche Tierschutzrecht unterlaufen worden.

Die Europäische Kommission leitete 2018 aufgrund der fehlerhaften Umsetzung ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein und forderte entsprechende Korrekturen (siehe Abschnitt „Vertragsverletzungsverfahren“). Unser Ärzteverein hatte bereits gut zwei Jahre zuvor, im März 2016, eine umfassende Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht wegen mangelhafter und tierschutzwidriger Umsetzung der Richtlinie in Deutschland. Und bereits 2012 hatten wir gemeinsam mit fünf anderen Tierrechtsorganisationen ein Gutachten bei der renommierten Basler Juristin Prof. Dr. iur. Anne Peters in Auftrag gegeben, das bestätigt, dass die Bundesregierung die Vorgaben der EU-Tierversuchsrichtlinie nicht im erforderlichen Maße umsetzt und das Staatsziel Tierschutz missachtet wird. Ein weiteres, von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen 2016 vorgelegtes Gutachten offenbart ebenfalls gravierende Verstöße Deutschlands bei der Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie.

Aufgrund der langen Mängelrüge der EU-Kommission und der offenkundigen Tierschutzverstöße musste Deutschland sich dem Druck beugen, in einigen Bereichen deutlich nachbessern und Tierschutzdefizite beseitigen. Erst 2021, mit rund 8 Jahren Verspätung, legte das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) dann einen überarbeiteten Entwurf des Tierschutzgesetzes vor, um der Aufforderung der EU nachzukommen. In einigen Bereichen musste dieser nochmals nachgebessert werden. So gelten seit 2021 zwar nun ein überarbeitetes und auf Druck der EU verbessertes Tierschutzgesetz und eine Tierversuchsverordnung, die jedoch nach wie vor tierschutzrechtliche Mängel beinhalten – wider besseres Wissen unserer Bundesregierung.

So werden noch immer mögliche Spielräume zugunsten der Tiere, die die EU-Richtlinie einräumt, nicht genutzt. Versuche an Menschenaffen könnten untersagt und die Forschung an nicht-menschlichen Primaten eingeschränkt werden. Zudem sollte es nach dem Willen der EU aus ethischer Sicht eine Obergrenze für Schmerzen, Leiden und Ängste geben, die in wissenschaftlichen Verfahren nicht überschritten werden darf. Deutschland jedoch macht von der Möglichkeit der Verschärfung des Tierschutzrechts keinen Gebrauch und hält keine Einschränkung selbst solch besonders in der Kritik stehender Experimente für notwendig. Auch das Angstempfinden, das die EU den Tieren zuspricht und das bei der Genehmigung von Tierversuchen berücksichtigt werden soll, fehlt in der deutschen Umsetzung nach wie vor.

Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. (DJGT), mit der unser Ärzteverein kooperiert, folgert, dass die Bundesregierung offensichtlich vehement versucht, das Tierversuchsrecht so lasch wie eigentlich nicht mehr möglich zu gestalten und dabei taub ist gegenüber Empfehlungen und Forderungen aus Gesellschaft, Politik und sogar der EU. Sie hält daher Nachbesserungen für erforderlich.

Durch die neuen Regelungen wurde auch die Überarbeitung der Tierversuchsmeldeverordnung aus dem Jahr 1999 notwendig. Die Tierversuchsmeldeverordnung verpflichtet Einrichtungen, die Tierversuche durchführen, zur Meldung bestimmter Daten wie Tierzahl und Verwendungszweck von Tieren an die Behörde. Das BMEL legte hierzu im August 2013 einen Entwurf vor, welcher nach weiteren Änderungen 2021 in Kraft trat. Auch hier wird deutlich, dass es einzig um die Verwaltung von Tierversuchen geht und diese möglichst bequem für die Experimentatorenlobby zu gestalten. So können Fische und Kopffüßer auf Basis von Schätzwerten gemeldet werden, anstatt die genaue Tierzahl anzugeben. Künftig wird auch nicht mehr nachvollziehbar sein, ob ein Tier aus einer Zuchteinrichtung in Deutschland stammt, sondern nur noch, ob es aus der EU kommt. 

Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland

Die EU-Kommission hatte 2018 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen nicht korrekter Umsetzung europäischer Tierversuchsvorgaben eingeleitet. Aus einer Mitteilung der EU-Kommission vom 19. Juli 2018 (1) geht hervor, dass die EU gegen sechs Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat, weil sie „die EU-Vorschriften über den Schutz von für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tieren (Richtlinie 2010/63/EU) unzureichend in innerstaatliches Recht umgesetzt haben.“ Bei Deutschland verweist die EU auf Defizite in Bezug auf Inspektionen, die Sachkunde des Personals und die Anwesenheit von Tierärzten. Ein Jahr später bemängelte die EU-Kommission (2) nach wie vor zahlreiche Defizite. So bliebe das deutsche Recht in Bereichen wie Inspektionen, Sachkunde und Verwaltungsverfahren für die Genehmigung von Projektanträgen unzureichend und einige Bestimmungen fehlten gänzlich.

Mehr als zwanzig Umsetzungsfehler hatte die EU-Kommission aufgelistet und deren Beseitigung gefordert. Einer der eklatantesten Fehler, den die EU scharf kritisiert hatte, war, dass die Behörde, die einen Tierversuch genehmigen muss, nicht prüfen darf, ob dieser wirklich unerlässlich und ethisch vertretbar ist. Nach bisheriger deutscher Rechtslage waren der Behörde die Hände dahingehend gebunden, dass sie inhaltlich die Angaben des Experimentators nicht überprüfen durfte, sondern die Prüfbefugnis auf eine rein formale Plausibilitätskontrolle reduziert war. Ein großer und deutlich von der EU gerügter Mangel war auch, dass entgegen den Vorgaben der Tierversuchsrichtlinie in Deutschland gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche weiterhin nur der Anzeigepflicht, also der bloßen Meldung an die Behörde, unterlagen, die EU aber einen Genehmigungsprozess für alle Tierversuche vorschreibt. Nach zähen Verhandlungen wurden einige der schwerwiegendsten Fehler entsprechend der EU-Forderungen korrigiert. Darüber, warum die EU-Kommission 2022 das Verfahren gegen Deutschland trotz weiter bestehender Tierschutzmängel eingestellt hat, kann man nur spekulieren.

Zahlreiche Aktivitäten

Demo am 9. März vor dem EU-Parlament in Straßburg
Demo am 9. März 2009 vor dem EU-Parlament in Straßburg

Von Beginn an haben wir gemeinsam mit unserem europäischen Dachverband ECEAE sowie anderen Tierrechtsorganisationen intensiv darauf hingewirkt, dass möglichst hohe Tierschutzstandards bereits auf EU-Ebene erlassen werden und diese in Deutschland nicht unterlaufen werden. Denn so lange es am politischen Willen mangelt, vollständig aus Tierversuchen auszusteigen, gilt es, das Leid der Tiere zumindest etwas einzuschränken. Von Beginn an haben wir uns zur Ausgestaltung der EU-Tierversuchsrichtlinie sowie der Umsetzung deutsches Recht auf vielfältige Weise positioniert. Unsere Aktivitäten auf EU-Ebene im Rahmen unserer Mitarbeit in der ECEAE sowie auf Bundesebene umfassen unter anderem:

Fazit

Mit der Tierversuchsrichtlinie hat die EU ein Werk geschaffen, das in einigen Punkten den modernen Zeitgeist erkennen lässt. Damit es nun nicht bei der bloßen Verwaltung von Tierversuchen bleibt, ist es notwendig, die formulierte Zielsetzung der EU, Tierversuche vollständig zu ersetzen, mit konkreten Schritten in die Wege zu leiten. Um konsequent dieses Ziel in der Praxis umzusetzen, muss die EU einen Ausstiegsplan aus dem Tierversuch erarbeiten. Dass der Ausstieg nicht nur wissenschaftlich geboten ist, sondern auch politisch motiviert sein kann, zeigen einige Länder, die bereits entsprechende Strategien entwickelt haben, wie die Niederlande, Schweden, und die USA. Im September 2021 verabschiedete das EU-Parlament mit überwältigender Mehrheit eine Resolution, die die EU-Kommission auffordert, einen Aktionsplan vorzulegen, um aus dem Tierversuch auszusteigen. Diesem Beschluss müssen nun konkrete Taten folgen. Eine Europäische Bürgerinitiative von fünf europäischen Tierschutz-Dachverbänden, dem auch unser Verein angehört, untermauert diese Notwendigkeit und fordert von der EU einen Fahrplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch.

Was die Umsetzung in deutsches Recht angeht, so wurden nach langem Winden der Bundesregierung erst auf Druck der EU, der nicht zuletzt ein Resultat unermüdlicher und langjähriger Forderungen unseres Vereins und zahlreicher weiterer Organisationen war, zumindest einige positive Vorgaben der EU-Richtlinie in deutsches Tierversuchsrecht überführt. Doch nach wie vor besteht Verbesserungsbedarf. Als besonders gravierend ist die in Deutschland noch immer fehlende Schmerz-Leidens-Obergrenze zu nennen, was faktisch jeden noch so grausamen Tierversuch ermöglicht.

Eine erneute Überarbeitung des deutschen Tierversuchsrechts ist insofern geboten. Alle Aufforderungen des Vertragsverletzungsverfahrens müssen entsprechend korrekt umgesetzt werden und zudem die von der EU-eingeräumten Spielräume vor dem Hintergrund des Staatsziels Tierschutz genutzt werden. Wir werden darauf drängen, dass die neue Bundesregierung sich endlich zum Tierschutz bekennt und Handlungen in die Wege leitet. Mit unseren zielgerichteten Aktivitäten auf allen Ebenen setzen wir uns ein höchstes Maß an Tierschutz und letztlich für ein Ende aller Tierversuche ein. 

Dipl. Biol. Silke Strittmatter
28.02.2023

Weitere Informationen

Hintergrundinformation zum Tierschutzgesetz >> 

Tierversuchsstatistik der EU >>

Umfragen zu Tierversuchen in EU-Ländern >> 

Europäische Koalition zur Beendigung von Tierversuchen (ECEAE) >> 

Kampagne „Ausstieg aus dem Tierversuch“ >>