Tierversuche
Was sind Tierversuche?
Nach dem Wortlaut des Tierschutzgesetzes (§ 7) sind Tierversuche „Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese Tiere verbunden sein können“.
Doch das Tierschutzgesetz dient keineswegs dem Schutz von Tieren vor diesen Schmerzen, Leiden und Schäden. Vielmehr werden die Kriterien festgelegt, unterer deren Voraussetzung Tiere in Versuchen verwendet werden dürfen. Und die Versuche dienen wiederum nicht dem Wohl des Tieres, sondern der Beantwortung unterschiedlichster wissenschaftlicher Fragestellungen des Forschers. Mit anderen Worten: unter dem Deckmantel des Tierschutzgesetzes darf Tieren nahezu jedes Leid angetan werden, ohne dass es dafür einen medizinischen Nutzen gibt.
Tierversuche sind unweigerlich mit Schmerzen, Leiden und Schäden für die Tiere verbunden.
Häufige Fragen
Antworten auf die häufigsten Fragen zum Thema Tierversuche sind hier zusammengestellt. Viele weitere Fragen rund um das Thema Tierversuche werden im Folgenden beantwortet und Informationen zu speziellen Bereichen gegeben.
Wofür werden Tierversuche gemacht?
Als wissenschaftliche Zwecke, zu denen Tiere verwendet werden, gelten:
Grundlagenforschung
Etwa 56 %
In der per Definition zweckfreien Grundlagenforschung, auf deren Konto seit Jahren mehr als die Hälfte der Tierversuche geht, liegt der Fokus schlicht auf der Erweiterung des Wissens der Experimentatoren, wobei anwendbare Ergebnisse nicht das erste Ziel sind. Hier wird etwa untersucht, wie Affen, Tauben oder Krähen Bilder im Gehirn verarbeiten oder warum Hamster im Winter abnehmen, wobei Eingriffe am Gehirn vorgenommen werden. Tiere werden also als „Mittel der Wahl“ zur Beantwortung noch so abwegiger wissenschaftlicher Fragestellungen verwendet. Weniger aufgrund von Sinnhaftigkeit, als vielmehr aus Gründen der Tradition. Denn die Übertragbarkeit auf den Menschen ist nicht gegeben, wie wissenschaftliche Studien immer wieder aufs Neue belegen.
Regulatorische Versuche
Herstellung oder Qualitätskontrolle von medizinischen Produkten oder für toxikologische Sicherheitsprüfungen, rund 17 %
Hierbei werden Chemikalien, Pestizide oder Medikamente für ihre Zulassung an Tieren getestet. Typisch sind Tests, bei denen die Substanz Mäusen, Ratten oder anderen Tieren mit einem Rohr („Schlundsonde“) täglich in den Magen eingegeben wird. Je nach Art des Mittels leiden die Tiere unter Atemnot, Übelkeit, Durchfall oder sie sterben daran. Die Testsubstanz wird Ratten, Mäusen oder Kaninchen auch auf die geschorene Rückenhaut aufgetragen, wobei es zu Verätzungen und Entzündungen kommen kann. Beim Botox-Test wird jede einzelne Produktionseinheit des Nervengifts in unterschiedlichen Verdünnungen Mäusen in die Bauchhöhle injiziert, um die Dosis zu ermitteln, bei der die Hälfte der Tiere an Atemlähmung stirbt („LD50-Test“). Da Tiere und Menschen sich wesentlich hinsichtlich ihrer Organfunktion und des Stoffwechsels unterscheiden, sagen die Ergebnisse aus solchen Versuchen nichts über die Giftigkeit für den Menschen aus.
Meerschweinchen werden Chemikalien auf die geschorene Rückenhaut gerieben.
Translationale und angewandte Forschung
Erforschung von Erkrankungen von Menschen und Tieren, rund 14 %
Hierunter fallen Tests an Tieren für die Medikamentenentwicklung. Tiere dienen dabei als „Krankheitsmodelle“. In der Krebsforschung etwa werden seit Jahrzehnten Mäusen Tumorzellen implantiert, dann wird versucht, die künstlich erzeugte Krankheit zu heilen. Die Prozedur ist mit großem Leid für die Tiere verbunden und Therapien für das komplexe Krankheitsgeschehen beim Menschen resultieren daraus keine. Ein Herzinfarkt wird simuliert, indem Hunden oder Mäusen ein Herzkranzgefäß abgebunden wird, Parkinson und Diabetes werden durch Injektion von Giften ausgelöst. Wichtige Aspekte der Krankheitsentstehung beim Menschen wie Ernährung, Stress oder mangelnde Bewegung werden dabei nicht berücksichtigt.
Erhalt von genetisch veränderten Tierlinien
Rund 8 %
Genmanipulierte Tiere machen inzwischen rund 45 % aller in Versuchen verwendeten Tiere aus. Bei Mäusen sind es sogar 60 %. Mäuse werden genmanipuliert, um Krebs, Alzheimer, Diabetes und andere Krankheiten des Menschen nachzuahmen oder es werden einzelne Gene abgeschaltet oder eingeschleust, um deren Funktion zu ergründen. Es gibt Tausende verschiedene sogenannte transgene Mäuselinien. Um diese Linien immer vorrätig zu haben, werden die Tiere gezüchtet. Das versteht man unter „Erhalt“.
Erhaltung von Tierarten
Meist unter 1 %
Beispielsweise wird getestet, wie Fische Wasserkraftwerke passieren können, ohne Schaden zu nehmen. Auch solche Tierversuche sind unsinnig und überflüssig. Mittlerweile gibt es „Roboterfische“, die beim Durchschwimmen eine Vielzahl von Daten erfassen.
Tierversuche in der Aus-, Fort- und Weiterbildung
Etwa 2,5 %
Unter anderem im Medizin-, Tiermedizin- oder Biologiestudium dienen Tiere zu Übungszwecken, um Fertigkeiten einüben zu können. Dabei gibt es eine große Palette an didaktisch überlegenen tierleidfreien Lehrmethoden.
Schutz der natürlichen Umwelt
0,5 %
Millionfaches Leid im Labor
Allein der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zufolge werden in Deutschland jedes Jahr rund 3 Millionen Tiere in Tierversuchen gequält und am Ende getötet. Darüber hinaus gibt es eine Dunkelziffer von sogenannten „Überschusstieren“, die zahlenmäßig gar nicht erst erfasst werden.
Welche Tiere müssen in Tierversuchen leiden?
Im Prinzip wird vor keiner Tierart Halt gemacht. Der offiziellen Statistik zufolge sind die Hauptleidtragenden Mäuse, Fische und Ratten, aber auch Affen, Rotkehlchen oder Nacktmulle werden in Tierversuchen eingesetzt. Bei Mäusen beispielsweise wird ein Schlaganfall durch Verschluss einer Hirnarterie ausgelöst, an Fischen wird Altersforschung betrieben, wobei die Tiere hungern müssen, bei Ratten wird Epilepsie durch Stromstöße ins Gehirn ausgelöst, Affen müssen in der Hirnforschung unter Flüssigkeitsentzug und mit fixiertem Kopf Aufgaben am Bildschirm lösen, Nacktmulle werden erstickt, um festzustellen, dass sie länger ohne Sauerstoff auskommen als Mäuse.
Mäuse müssen am häufigsten in Tierversuchen leiden und sterben
Tierversuchslabore in Deutschland
Unseren Recherchen zufolge gibt es in Deutschland rund 700 Tierversuchslabore in 95 Städten. Die größten Tierversuchshochburgen sind:
- München
- Berlin
- Göttingen
- Hannover
- Heidelberg
- Tübingen
Beispiele von Tierversuchen
Tausende von Beschreibungen von Tierversuchen, die in Deutschland stattfinden, sind in der Datenbank Tierversuche beispielhaft dokumentiert. Dabei ist dem Erfindungsreichtum der Forscher und der Absurdität der Versuchsaufbauten keine Grenze gesetzt.
Haben Tierversuche einen Nutzen?
Ob eine Methode nützlich ist, liegt immer im Auge des Betrachters beziehungsweise hängt von den jeweiligen Interessen ab. Aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht birgt der Tierversuch gegenüber tierversuchsfreien Methoden immense Nachteile und ein möglicher Nutzen besteht höchstens für die Experimentatoren und Nutznießer von Tierversuchen selbst. Allein die Versagensquote von Tierversuchen ist alarmierend. So scheitern bis zu 95 % aller in Tierversuchen für sicher und wirksam befundenen Arzneien beim Test in der klinischen Prüfung, in der die Wirkstoffe erstmals an Menschen getestet werden. Auch müssen viele Medikamente wieder vom Markt genommen werden, weil sie, anders als beim Tier, beim Menschen Schaden anrichten oder zum Tode führen. Beispiele sind Blutfettsenker Lipobay, Rheumamittel Vioxx, das Herzmedikament Trasylol und das Multiple-Sklerose-Mittel Zinbryta.
Gibt es „Alternativen“ zu Tierversuchen?
„Alternativen“ ist in Anführungszeichen gesetzt, da dieser Begriff impliziert, der Tierversuch sei eine im Prinzip sinnvolle Methode, die lediglich ersetzt zu werden braucht. Zudem umfasst der Begriff „Alternative“ sowohl tierversuchsfreie, als auch leidmindernde Verfahren. Wir fordern aber keine bloße Modifizierung eines falschen Systems, sondern einen Paradigmenwechsel, d.h. einen Systemwandel weg vom Tierversuch als Standard hin zu einer modernen, am Menschen orientierten Forschung. Denn gänzlich tierversuchsfreie Methoden haben im Gegensatz zum Tierversuch wissenschaftlichen Wert und liefern für den Menschen relevante Ergebnisse.
In unserem modernen Zeitalter gibt es eine Vielzahl an tierversuchsfreien Forschungsmethoden wie Multi-Organ-Chips, epidemiologische Forschung oder Computersimulationen, die dem althergebrachten Modell Tierversuch nicht nur ethisch, sondern auch wissenschaftlich weit überlegen sind und verdeutlichen, wie notwendig der Ausstieg aus dem Tierversuch ist.
Unsere NAT-Database listet Hunderte solcher moderner tierversuchsfreier Verfahren. So können Forscher Darm, Leber, Niere, Herz, Lungen, Haut, Bluthirnschranke und Gehirn jeweils im Miniformat miteinander zu einem funktionellen Netzwerk verbinden und so einen Mini-Körper auf dem Chip schaffen. Funktionen und Stoffwechselprozesse aller Mini-Organe können diejenigen im menschlichen Körper nachbilden.
Mittels epidemiologischer Studien, also Untersuchungen an Gruppen von Menschen, können Zusammenhänge zwischen bestimmten Krankheiten und dem Lebensstil einschließlich Faktoren wie Ernährung und sozialer Komponenten aufgedeckt werden. Durch Bevölkerungsstudien konnten krebserregende Eigenschaften von Tabakrauch und Asbest erkannt und Fleisch- und fettreiche Ernährung, Bewegungsmangel sowie psychosoziale Faktoren als Hauptursachen für Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Arteriosklerose identifiziert werden.
Genehmigung von Tierversuche
Oft wird behauptet, dass Tierversuche nur genehmigt werden, wenn sie „unerlässlich“ sind. Tatsächlich ist das Genehmigungsprozedere in Deutschland aber nicht mehr als eine Formalität und fast kein Tierversuch wird abgelehnt. Daneben gibt es Tierversuche, die nur der Behörde gemeldet werden müssen („anzeigepflichtige Tierversuche“).
Geschichte des Tierversuchs und Errungenschaften ohne Tierleid
Immer wieder wird propagiert, medizinischer Fortschritt ohne Tierversuche sei nicht möglich. Doch nur, weil Tierversuche eine lange Historie haben, heißt das noch lange nicht, dass diese beim Durchbruch im Verständnis und der Heilung menschlicher Krankheiten eine positive Relevanz haben. Das Gegenteil ist der Fall. Viele Errungenschaften von zentraler medizinischer Bedeutung sind ohne Tierversuche gelungen. So wurde Aspirin schon Mitte des 18. Jahrhunderts ohne Tierversuche dank wissenschaftlichen Ehrgeizes entdeckt. Zur Erfolgsgeschichte der Entwicklung der Tiefenhirnstimulation zur Behandlung von Parkinson haben Tierversuche nicht beigetragen. Vielmehr wurde diese durch klinische Forschung vorangetrieben und das oft von Tierexperimentatoren angeführte „MPTP-Affenmodell“ wurde erst entwickelt, als die Tiefenhirnstimulation bereits am Patienten eingesetzt worden war.
Finanzielle Förderung
Obwohl aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht der Tierversuch schon allein aus methodischen Gründen zum Scheitern verurteilt ist, wird er allein in Deutschland jedes Jahr mit Milliarden aus Steuergeldern gefördert. Dagegen erhalten tierversuchsfreie Methoden nur verschwindend geringe Summen. Genaue Zahlen werden von Seiten der Behörden und Politik nicht bekannt gegeben. Unseren Recherchen zufolge erhält die tierversuchsfreie Forschung weit unter 1 % der Forschungsgelder, während über 99 % in Tierversuche fließen.
Über 99 % der Forschungsgelder fließen in Tierversuche.
Schulprojekt
Es ist wichtig, schon frühzeitig Tierversuche richtig zu verstehen, das heißt sich mit den ethischen und wissenschaftlichen Unzulänglichkeiten auseinanderzusetzen. Für Lehrerinnen und Lehrer sowie für Schüler und Schülerinnen haben wir unser Schulprojekt ins Leben gerufen.
Tierversuche stoppen
Um das Ziel, die Abschaffung aller Tierversuche, zu erreichen, wirkt unser Verein Ärzte gegen Tierversuche auf mehreren Ebenen:
- Die wissenschaftliche Arbeit ist die Grundlage unserer Aktivitäten und darin unterscheiden wir uns von vielen anderen Vereinen, die Tierversuche hauptsächlich aus ethischen Gründen ablehnen. Mit wissenschaftlich recherchierten Daten und Fakten treten wir an die Öffentlichkeit und Politik.
- Überzeugungsarbeit zu leisten bei Wissenschaftlern, Politikern und Bürgern ist ein wichtiger Baustein. Wir sorgen dafür, dass die Menschen erfahren, dass Tierversuche nicht nur aus ethischen, sondern vor allem auch aus wissenschaftlichen Gründen abzulehnen sind, weil sie wegen ihrer falschen Ergebnisse den Fortschritt in der Medizin aufhalten.
- Mit unserer politischen Arbeit beeinflussen wir Politik und Gesetzgebung auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.
- Jeder kann helfen, Tierversuche zu stoppen.
- Um Tierversuche öffentlich zu machen und Druck auf die Politik auszuüben, ist es wichtig, zielgerichtete Kampagnen zu fahren. Dabei kann jeder helfen, das Tierleid zu beenden!
Hilf mit, Tierversuche zu stoppen!