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Orientierung im Dschungel der Listen und Siegel

Vegan, 98% der Rohstoffe pflanzlichen Ursprungs, frei von Tierversuchen, Naturkosmetik, mit Bio-Wirkstoffen... so unendlich viele kosmetische Produkte auf dem Markt sind - so viele Claims, Werbeversprechen und Siegel scheint es zu geben. Doch welche Kosmetik ist wirklich frei von Tierleid? Ärzte gegen Tierversuche erklärt, worauf man beim Kauf von Kosmetik achten sollte. 

Seit 2013 dürfen laut EU-Richtlinie keine kosmetischen Rohstoffe und Produkte mehr im Tierversuch getestet und nicht in die EU eingeführt werden (1). Allerdings betrifft das nur die Stoffe, die ausschließlich für Kosmetik verwendet werden – und das sind nur ungefähr 10% der gesamten Inhaltsstoffe.

Neuesten Erkenntnissen zufolge sind es wahrscheinlich noch sehr viel weniger, denn seit Inkrafttreten der Kosmetik-Verordnung ist kein einziger neuer Rohstoff zugelassen worden, der nur in Kosmetika vorkommt. Liegt es daran, dass das Tierversuchs-Verbot Innovationen behindert oder aber daran, dass die Konzerne einen anderen Zweck postulieren, um so doch Tierversuche machen zu können?  

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Tierversuche und tierversuchsfreien Tests im Kosmetikbereich

Das Problem ist, dass selbst natürliche, pflanzliche Öle wie Jojobaöl, welches seit Hunderten von Jahren als Hautpflege eingesetzt wird, nicht nur in Kosmetik, sondern auch in der Industrie verwendet werden – und somit automatisch in eine andere Sparte fallen und damit an Tieren getestet werden dürfen. Gleiches gilt für zum Beispiel Lichtschutzfilter, die nicht nur in Sonnencremes, sondern auch in Plastikverpackungen eingesetzt werden. In der Sonnencreme verhindern sie Sonnenbrand der Haut, in bunten Plastikverpackungen verhindern sie das Ausbleichen des gefärbten Plastiks. (2) 

Ölflasche

Zudem gilt diese Richtlinie nur für Kosmetik, die in der EU auf den Markt kommt. Ein weltweites Verbot für Tierversuche in der Kosmetik ist leider noch nicht in Sichtweite. Es gibt noch einige Länder, an denen Tierversuche nicht nur an der Tagesordnung sind, sondern verpflichtend für alle Kosmetika durchgeführt werden müssen. 

In diesem Zusammenhang wird meist China als Beispiel genannt. Die chinesischen Behörden trauen nämlich Tierversuchsergebnissen aus dem Ausland nicht und testen importierte Produkte „vorsichtshalber“ an Tieren. Doch gibt es bereits kleine Fortschritte: das Land der Mitte hat seine Anforderungen in Bezug auf pflegende Produkte (ohne besondere Funktion), die im Inland für den chinesischen Markt hergestellt werden, gelockert. Die Gesichtscreme muss also nicht an Tieren getestet werden, die Sonnencreme („Funktionskosmetik“) jedoch schon. China ist für Kosmetik ein lukrativer Markt, daher ist der Verkauf von Produkten dort für viele Firmen und Konzerne äußerst reizvoll. 

Ab Mai 2021 können aber auch Firmen, die bisher aus ethischen Gründen auf diesen Markt verzichtet haben, nach China importieren: ab dann wird es – unter bestimmten Voraussetzungen – möglich sein, pflegende Kosmetik des normalen Gebrauchs nach China zu importieren, ohne dass Tierversuche von chinesischer Seite aus verpflichtend sind.

Es gibt aber auch Firmen, die Tierversuche grundsätzlich ablehnen, nicht durchführen und auch nicht billigend in Kauf nehmen – und somit freiwillig zugunsten des Tierwohls auf diesen Absatzmarkt verzichten. Oft handelt es sich um Naturkosmetik-Firmen oder kleine Manufakturen, die unabhängig von Konzernen arbeiten. Sehr oft war und ist deren Gründung mit hohen ethischen Ansprüchen für Umwelt, Natur, moralischer Verpflichtung den Menschen und auch den Tieren gegenüber verbunden.

Nur: wie erkennt man diese Firmen und deren Produkte? 

Siegel bieten Sicherheit

Da man sich auf eine freiwillige Selbstauskunft ohne unabhängige Prüfung eines Herstellers nicht unbedingt verlassen kann, empfehlen wir grundsätzlich, sich bei dieser Frage an offiziellen Siegeln zu orientieren.

Da fängt es schon an: viele Firmen „erfinden“ eigene Symbole, die wie Siegel aussehen, die sie dann auf die Verpackung drucken und dem Verbraucher vertrauenserweckend erscheinen sollen. Auch hier gilt: das mag ja durchaus stimmen, was angepriesen wird, kontrolliert wird dies aber nicht! Diese Siegel sind oft so gestaltet, dass beim Verbraucher durchaus der Eindruck entstehen kann, es handele sich um ein offizielles Siegel.

Da es in Deutschland verschiedene Siegel gibt, über deren Zahl man schnell den Überblick verlieren kann, haben wir die gängigsten in einer Übersichtstabelle dargestellt. 

Übersicht der Kosmetik-Listen ohne Tierversuche

Übersicht der Kosmetik-Listen als PDF >> 

Wir empfehlen, auf Kosmetika mit den höchsten Ansprüchen an Tierversuchsfreiheit zurückzugreifen, also in diesem Fall: je grüner, desto besser. 

Bei der Tabelle haben wir uns auf die bekanntesten Siegel beschränkt – es besteht also kein Anspruch auf Vollständigkeit. 

 Zu bedenken ist dabei, dass kleine Manufakturen oder Firmen, die gerade frisch gegründet sind, oft nicht das nötige Kleingeld haben, sich und/oder die Produkte zertifizieren zu lassen. Die Zertifizierung kostet nämlich Geld, da unabhängige Fachleute den jeweiligen Betrieb und/oder die Produkte sowie die eingesetzten Rohstoffe überprüfen und kontrollieren. So wird sichergestellt, dass die Kriterien auch wirklich eingehalten werden. Ist das der Fall, darf sich das Produkt mit dem jeweiligen Siegel schmücken. 

Achtung: „vegan“ bedeutet nicht automatisch „tierversuchsfrei“! Dies bedeutet lediglich, dass in dem Produkt keine Inhaltsstoffe tierischen Ursprungs (tierisches Kollagen, Honig, Milchproteine, Schellack, Karmin, …) enthalten sind. Wer auf tierische Stoffe jeder Art verzichten möchte, sollte zusätzlich auf eins der Vegan-Siegel achten. 

Seife

Als Fazit lässt sich festhalten: Es gibt heutzutage eine Vielzahl an Produkten und Marken gibt, bei denen darauf geachtet wird, dass weder die einzelnen Stoffe erneut noch das Gesamtprodukt an Tieren getestet werden und sie auch nicht billigend in Kauf nehmen, dass ihre Produkte in anderen Ländern getestet werden könnten. Diesen Firmen sollte der Vorzug und der Einzug deren Produkte in das eigene Badezimmer gegeben werden. 

Dipl. Biol. Julia Radzwill
Stand: 21. April 2021   

Quellen 

(1) EU-Kommission: Durchführungsbeschluss der Kommission vom 25. November 2013 über Leitlinien zu Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über kosmetische Mittel. 26.11.2013 (aufgerufen am 10.04.2020)

(2) Wikipedia: Kunststoff. (aufgerufen am 10.04.2020)