Beispiele von Tierversuchen am Ernst-Strüngmann-Institut
Weißbüscheläffchen
Tiere: 5 Weißbüschelaffen
Versuchsbeschreibung: Die 5 Weißbüschelaffen sind männlich und stammen vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen. Die Affen werden narkotisiert und ihr Kopf in einen sogenannten stereotaktischen Rahmen eingespannt. Die Kopfhaut wird aufgeschnitten, der Schläfenmuskel zur Seite geschoben und das Weichgewebe auf dem Schädelknochen entfernt. Der Schädelknochen wird mit einer Drahtbürste aufgeraut. Es wird ein Loch in den Schädel gebohrt, durch das zwei Drähte in den Raum zwischen Knochen und Hirnhaut geschoben werden. Auf dem Schädel werden mit Zahnzement ein Haltebolzen und eine 1,7 x 2,8 cm große Messkammer befestigt.
Drei der Affen werden erneut in Narkose versetzt. Es werden zwei Löcher in den Schädel gebohrt. Die Gehirnhaut wird geöffnet und es werden mit einer Nadel genetisch modifizierte Viruspartikel in einen bestimmten Bereich des Gehirns gespritzt. Dann werden durch die Löcher 2 bzw. 4 nadelförmige Elektrodenarrays in Bereiche des Gehirns, die am Sehen beteiligt sind, geschoben.
Montur des monströsen Aufbaus auf dem Schädel eines Weißbüscheläffchens.
Quelle: Jendritza P. et al. Nature communications 2023;14:577
Wenige Tage später beginnen die eigentlichen Versuche, bei denen die Affen in einem sogenannten Primatenstuhl 45 cm vor einem Monitor sitzen, wobei ihr Kopf mit Hilfe des am Schädel befestigten Haltebolzen fixiert ist. Ihre Augenbewegungen werden mit einer Kamera beobachtet. Dabei müssen die Affen einen Punkt auf dem Bildschirm anstarren. Auf dem Bildschirm wird ein sich bewegendes ringförmiges Wellenmuster gezeigt. Dann erscheint ein dunkler Fleck, auf den die Affen ihren Blick richten sollen. Wenn die Tiere alles richtig machen, erscheint auf dem Bildschirm das Gesicht eines Weißbüschelaffen und die Tiere erhalten einige Tropfen verdünntes Baumharz (Gummi Arabicum). Mindestens 17 Stunden vor Beginn der Versuche wird den Tieren die Nahrung entzogen, so dass angenommen werden kann, dass sie durch Hunger zur Kooperation gebracht werden.
Weißbüscheläffchen mit angeschraubtem Kopf im Primatenstuhl.
Quelle: Jendritza P. et al. Nature communications 2023;14:577
Das weitere Schicksal der Tiere wird nicht erwähnt. Vermutlich befinden sich noch in der Haltung des Ernst-Strüngmann-Instituts. Zum Zeitpunkt, als der Artikel geschrieben wurde, lebte einer der Affen bereits seit 40 Monaten mit der Messkammer und seit 35 Monaten mit den in das Gehirn geschobenen Elektroden.
Hintergrund: Die Aktivitäten von Gehirnzellen von Weißbüschelaffen werden mit genetisch veränderten Viruspartikeln manipuliert und gemessen, während die Tiere eine Aufgabe an einem Bildschirm erfüllen müssen.
Originaltitel: Multi-area recordings and optogenetics in the awake, behaving marmoset
Autoren: Patrick Jendritza (1,2)*, Frederike J. Klein (1), Pascal Fries (1,2,3)
Institute: (1) Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience in Cooperation with Max Planck Society, Deutschordenstraße 46, 60528, Frankfurt, (2) International Max Planck Research School for Neural Circuits, Frankfurt, (3) Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour, Radboud University Nijmegen, Nijmegen, Niederlande
Zeitschrift: Nature Communications 2023; 14: 577
Dokumenten-ID: folgt
Rhesusaffen
Tiere: 3 Rhesusaffen
Versuchsbeschreibung: Die Rhesusaffen sind zwischen 10 und 14 Jahren alt und werden als "A", "H" und "I" bezeichnet. Die Affen werden in Narkose versetzt. An ihrem Schädel wird eine Haltestange befestigt, die in den Versuchen eine Fixierung des Kopfes ermöglicht. Der Schädel wird geöffnet und Elektrodenplatten mit bis zu 64 Elektroden werden in das Gehirn der Tiere implantiert.
Rhesusaffe mit Haltebolzen und Elektrodenkammer am ESI.
Quelle: SOKO Tierschutz
Bei den eigentlichen Versuchen sitzen die Affen in einem sogenannten Primatenstuhl vor einem Bildschirm. Ihr Kopf wird mit Hilfe der am Schädel befestigten Haltestange so fixiert, dass die Tiere den Kopf nicht bewegen können. Auf dem Bildschirm ist ein kleiner Punkt zu sehen, auf den die Affen starren müssen. Dann werden den Affen Bilder von beispielsweise Tieren, Blumen, Landschaften oder Bäumen gezeigt. Die Position der Augen wird mit einer Kamera beobachtet und sobald die Tiere nicht mehr auf den Punkt schauen, wird der Versuch abgebrochen und erneut gestartet. Wenn sie das gewünschte Verhalten zeigen, werden die Affen mit etwas verdünntem Fruchtsaft „belohnt“. Um die „Motivation“ zu erhöhen, erhalten die Tiere üblicherweise an den Versuchstagen nicht ausreichend Flüssigkeit, so dass sie bei den Versuchen mitmachen, um etwas Saft als „Belohnung“ zu erhalten. Die Affen werden im Anschluss vermutlich in weiteren Versuchen eingesetzt.
Hintergrund: Untersuchung der Verarbeitung von natürlichen Bildern im Gehirn von Affen.
Originaltitel: Predictive coding of natural images by V1 firing rates and rhythmic synchronization
Autoren: Cem Uran (1,5)*, Alina Peter (1), Andreea Lazar (1), William Barnes (1,2), Johanna Klon-Lipok (1,2), Katharine A. Shapcott (1,3), Rasmus Roese (1), Pascal Fries (1,4), Wolf Singer (1,2,3), Martin Vinck (1,5)*
Institute: (1) Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience in Cooperation with Max Planck Society, Deutschordenstraße 46, 60528 Frankfurt am Main, (2) Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt, (3) Frankfurt Institute for Advanced Studies, Frankfurt, (4) Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour, Department of Biophysics, Radboud University Nijmegen, Nijmegen, Niederlande, (5) Donders Centre for Neuroscience, Department of Neuroinformatics, Radboud University Nijmegen, Nijmegen, Niederlande
Zeitschrift: Neuron 2022; 110: 1240-1257
Dokumenten-ID: 5510
Katzen
Tiere: 5 Katzen
Versuchsbeschreibung: Die Katzen stammen aus institutseigener Zucht und sind zum Zeitpunkt der Versuche zwischen ein und fünf Jahre alt. Die Katzen werden narkotisiert und künstlich beatmet. Dann wird den Tieren ein Wirkstoff verabreicht, der sie bewegungsunfähig macht.
Über Elektroden, die in das Gehirn der Katzen eingebracht werden, werden die Aktivitäten von Gehirnzellen gemessen. Die Operation, mit der die Elektroden eingebracht werden, erfordert eine Öffnung des Schädels, wie dies erfolgt, wird nicht beschrieben. Den Katzen werden auf einem Monitor verschiedene Zeichen (Buchstaben A-Z und Zahlen 0-9) in zufälliger Reihenfolge für jeweils eine zehntel Sekunde auf einem dunklen Hintergrund gezeigt. Jedes Symbol wird jeder Katze mindestens 50 Mal gezeigt, so dass insgesamt mindestens 1.700 Symbole gezeigt werden. Am Ende der Versuche werden die Katzen auf nicht genannte Art getötet.
Hintergrund: Es wird untersucht, wie sich die Verarbeitung von visuellen Informationen im Gehirn verändert, wenn sie mehrfach gesehen werden.
Originaltitel: Visual exposure enhances stimulus encoding and persistence in primary cortex
Autoren: Andreea Lazar (1,2),* Christopher Lewis (1,3), Pascal Fries (1), Wolf Singer (1,2,4)*, Danko Nikolic (1,2,4,5)
Institute: (1) Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience in Cooperation with Max Planck Society, Deutschordenstraße 46, 60528, Frankfurt, (2) Abteilung für Neurophysiologie, Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt, (3) Laboratory of Neural Circuit Dynamics, Institut für Hirnforschung, Universität Zürich, Zürich, Schweiz, (4) Frankfurt Institute for Advanced Studies, Frankfurt, (5) evocenta GmbH, Gelsenkirchen
Zeitschrift: PNAS 2021; 118(43): e2105276118
Dokumenten-ID: 5598
Mäuse und Rhesusaffen
Tiere: 7 Mäuse, 2 Rhesusaffen
Versuchsbeschreibung: Die Mäuse werden narkotisiert, ihr Kopf wird rasiert und die Kopfhaut aufgeschnitten. Die Haut am Oberkopf wird entfernt und eine Titanplatte wird mit zahnmedizinischem Zement am Schädelknochen befestigt. Bei den eigentlichen Versuchen werden die Mäuse an dieser Kopfhalterung fixiert, und zwar so, dass sie auf einer beweglichen Kugel stehen. Vor ihnen befindet sich eine halbkugelförmige Projektionsfläche von 1,2 Metern Durchmesser, die ihr gesamtes Blickfeld ausfüllt. Auf der Projektionsfläche wird eine künstliche Realität gezeigt. Diese besteht aus einer mit Gras bewachsenen Landschaft mit Bergen im Hintergrund, über denen sich ein blauer Himmel spannt.
Die Mäuse müssen nun auf der Kugel laufen. Die Bewegung der Kugel wird von einem Computer in eine Bewegung in der virtuellen Landschaft umgerechnet. Auf der Projektionsfläche werden den Mäusen dann zwei verschieden geformte Blätter gezeigt. Die Mäuse sollen dann in der virtuellen Landschaft auf ein Ahornblatt zulaufen und nicht auf ein gleichzeitig gezeigtes Birkenblatt. Ziel ist es, dass sie mit dem Ahornblatt „kollidieren“. Wenn sie dieses Ziel erreichen, erhalten sie etwas Sojamilch mit Vanillegeschmack als Belohnung. Es wird in der Publikation nicht erwähnt, aber üblicherweise wird Sojamilch bei Mäusen als Belohnung eingesetzt, wenn die Tiere außerhalb des Labors nicht ausreichend Nahrung erhalten und so durch Hunger zur „Kooperation“ gebracht werden. Wenn die Maus mit dem falschen Blatt kollidiert oder an beiden Blättern „vorbeiläuft“ erhält sie keine Sojamilch. Während der Versuche wird die Mimik der Maus mit einer Kamera aufgenommen. Dabei wird bspw. auf Bewegungen von Augen, Augenbrauen, Nase und Ohren geachtet.
Eine am Kopf fixierte Maus muss auf einer Kugel laufen.
Quelle: Ernst Strüngmann Institut: Growth & Change Research Report 2021-2023
Die Affen wird ebenfalls unter Narkose eine Titanplatte auf dem Schädelkochen festgeschraubt. Bei den eigentlichen Versuchen wird an der Platte eine Haltestange befestigt, mit deren Hilfe der Kopf der Affen fixiert wird. Die Tiere sitzen dabei in einem sogenannten Primatenstuhl. Auch ihnen wird auf der Projektionsfläche die virtuelle Landschaft gezeigt. Die Affen sollen sich mit einem sogenannten Trackball durch die virtuelle Realität bewegen, indem sie mit den Händen eine Kugel bewegen. Den Affen werden zwei verschiedene Symbole gezeigt, bei einem der Affen sind es ein Quadrat und ein Dreieck, beim anderen Affen sind es zwei verschieden geformte Blätter. Wenn die Affen auf das richtige Symbol „zulaufen“ und mit ihm „kollidieren“, erhalten sie einige Tropfen verdünnten Saft. Üblicherweise erhalten Affen in solchen Versuchen außerhalb des Labors an Versuchstagen keine Flüssigkeit, um sie durch Durst zur „Kooperation“ zu bewegen.
Das weitere Schicksal der Mäuse und Affen wird nicht erwähnt. Vermutlich werden sie in weiteren Versuchen eingesetzt.
Hintergrund: Die Mimik von Mäusen und Rhesusaffen wird aufgenommen, während die Tiere sich durch eine virtuelle Realität bewegen. In einer ähnlichen Veröffentlichung werden auch eine Maus, ein Affe und ein Mensch eingesetzt und verglichen.
Originaltitel: Thoughtful faces: inferring internal states across species using facial features
Autoren: Alejandro Tlaie (1,2)*, Muad Y. Abd El Hay (1), Berkutay Mert (1), Robert Taylor (1), Pierre-Antoine Ferracci (1), Katharine Shapcott (1), Mina Glukhova (1), Jonathan W. Pillow (3), Martha N. Havenith (1), Marieke Schölvinck (1)
Institute: (1) Ernst-Strüngmann-Institut (ESI) für Neurowissenschaften in Kooperation mit Max-Planck-Gesellschaft, Deutschordenstraße 46, 60528, Frankfurt, (2) Laboratory for Clinical Neuroscience, Centre for Biomedical Technology, Universidad Politécnica de Madrid, Madrid, Spanien, (3) Princeton Neuroscience Institute, Princeton University, Princeton, USA
Zeitschrift: bioRxiv 2024; doi.org/10.1101/2024.01.24.577055
Weitere Infos
Diese und weitere Beispiele können in unserer Datenbank-Tierversuche nachgelesen werden.
Kampagne mit Briefaktion „ESI in Frankfurt schließen! Freiheit für die Affen! Rettet Gandalf!“ >>