Welttierschutztag 2012:
- Ärzte gegen Tierversuche e.V.
Tierschutznovelle darf kein zahnloser Tiger werden
Zum diesjährigen Welttierschutztag ermahnt die bundesweite Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche die Politik, sich bei der Neufassung der Tierschutzgesetzgebung nicht weiter von einflussreichen Tiernutzerlobbyisten leiten zu lassen, sondern sich endlich zum seit zehn Jahren grundgesetzlich verankerten Tierschutz zu bekennen. Die Bundesregierung muss bis November 2012 die EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht umsetzen. Der Ärzteverein hält die bisherigen Entwürfe für vollkommen unzureichend.
»Die von der Bundesregierung vorgelegten Entwürfe für ein neues Tierschutzgesetz und eine Tierversuchsverordnung tragen die Handschrift der Profiteure von Tierversuchen. Der eigentliche Zweck der Regelwerke, der Schutz der Tiere und die Stärkung der tierversuchsfreien Forschung, wird vollständig verfehlt«, bemängelt Dipl.-Biol. Silke Bitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ärztevereinigung.
Bereits die EU-Richtlinie hat es versäumt, zeitgemäßen, tierversuchsfreien Methoden den Vorrang zu geben und den Ausstieg aus der überalterten und grausamen Methode Tierversuch einzuleiten. Jedoch ermöglicht die Richtlinie ein Verbot von Versuchen an Menschenaffen sowie Experimenten, die schweres Leiden oder Schmerzen für die Tiere bedeuten. Deutschland kommt dieser Vorgabe jedoch nicht nach, sondern nutzt Schlupflöcher, um keine Einschränkung der tierexperimentellen Forschung einzuführen. Vorgesehen ist zudem eine umfangreiche Ausweitung der Zwecke, zu denen Tierversuche erlaubt sein sollen, womit die Forschungsfreiheit auf Kosten des Tierschutzes noch grenzenloser wird. Die Ärztevereinigung wirft der Bundesregierung einen Kniefall vor der Tierversuchslobby vor.
Ein Gutachten der renommierten Basler Juristin Prof. Dr. iur. Anne Peters, das sechs der größten Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen Deutschlands, darunter der Verein Ärzte gegen Tierversuche, in Auftrag gegeben hatten, bestätigt, dass die vorliegenden Entwürfe die Vorgaben der EU-Tierversuchsrichtlinie nicht im erforderlichen Maße umsetzen. Demnach müssen die von der EU eingeräumten Spielräume genutzt werden, um höhere Tierschutzstandards zu schaffen und so dem Staatsziel Tierschutz Rechnung zu tragen. Vor zehn Jahren wurde der Tierschutz im deutschen Grundgesetz verankert. Praktische Auswirkungen für die Tiere gab es bislang jedoch fast nicht. »Die Novellierung des Tierschutzgesetzes ist die Chance, das Staatsziel Tierschutz endlich mit Leben zu füllen«, fordert Bitz.
Das Vorhaben der Bundesregierung, die Gesetzgebung zu Tierversuchen nicht zu verschärfen, widerspricht nach Auffassung der Ärztevereinigung ferner dem klaren Willen des Großteils der Bürger. So forderten in einer im Frühjahr 2009 vom Marktforschungsinstitut YouGov durchgeführten Umfrage 79 % der Befragten ein gesetzliches Verbot aller Tierversuche ohne konkreten medizinischen Bezug. 84 % der Befragten sind für die Abschaffung aller Experimente, die mit schwerem Leid für die Tiere einhergehen, unabhängig von der Tierart. 80 % treten für eine Veröffentlichung von Informationen über die durchgeführten Tierversuche ein.
Der Welttierschutztag geht auf den Heiligen Franziskus von Assisi zurück, der das Tier als lebendiges Geschöpf Gottes und als Bruder des Menschen ansah. Auch den kleinsten Wurm betrachtete er als gottgewollt und schützenswert. Zwei Jahre nach seinem Tod am 3. Oktober 1226 wurde er am 4. Oktober 1228 heilig gesprochen. An diesem Tag weisen jedes Jahr weltweit Tierschützer auf die Leiden der Tiere hin.