200.000 zu Tode gequälte Tiere pro Jahr
- Ärzte gegen Tierversuche e.V.
Die Hälfte aller Tierversuche in NRW geht auf das Konto von Bayer
Von den bundesweit pro Jahr rund 2,9 Millionen Tieren, die für Versuchszwecke verwendet werden, entfallen ca. 6,6 Prozent allein auf die Forschung des Pharmakonzerns Bayer. Von den etwa 440.000 in nordrhein-westfälischen Labors getöteten Tieren ging knapp die Hälfte auf das Konto des Leverkusener Multis. Das ergibt eine aktuelle Berechnung des bundesweiten Vereins Ärzte gegen Tierversuche, die in der Zeitschrift »Stichwort BAYER« veröffentlicht ist.
Der Pharmariese verbrauchte 2010 eigenen Angaben zufolge 192.412 Tiere, im Jahr 2011 sogar 199.636. Die Tiere sterben für die Entwicklung von Medikamenten, Tierarzneimitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Industriechemikalien. Neben eigener Forschung beauftragt Bayer auch externe Dienstleister mit der Durchführung von Tierversuchen. Mit rund 90 Prozent machen Mäuse, Ratten, Kaninchen, Meerschweinchen und Hamster den Großteil der im Labor getöteten Tiere aus. Aber auch Hunde, Katzen, Vögel, Affen oder Schweine sterben unter anderem in Giftigkeitstests.
»Trotz erdrückender Beweislage der Unzuverlässigkeit von Tierversuchen hinsichtlich der Übertragung auf den Menschen, wird noch immer an diesem veralteten und zudem unethischen Testsystem festgehalten«, kritisiert Dipl.-Biol. Silke Bitz, Sprecherin der Ärztevereinigung. Untersuchungen der amerikanischen Arzneimittelbehörde (FDA) ergaben derweil, dass 92 Prozent der potenziellen Medikamente, die sich im Tierversuch als wirksam und sicher erwiesen haben, nicht durch die klinische Prüfung kommen, da sich beim Menschen entweder keine oder aber eine unerwünschte Wirkung zeigt.
Studien belegen, dass die Unternehmen schädliche Nebenwirkungen häufig unter den Tisch kehren, indem sie nur »positive« Studien veröffentlichen. Gelangen Informationen über schwerwiegende oder tödliche Nebenwirkungen eines Präparates an die Öffentlichkeit, versuchen die Pharmafirmen meist dies zu vertuschen. Bayer tat das beispielsweise im Fall des Blutstillungspräparats Trasylol, das schon seit Anfang 2006 in der Kritik stand. Eine kanadische Studie mit über 4.300 Bypass-Patienten hatte eine erhöhte Sterberate und ein doppelt so hohes Risiko für Nierenversagen im Vergleich zur Nichtbehandlung ergeben. Auch einer von Bayer selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung mit 67.000 Patienten zufolge treten verstärkt schwere Nierenschäden, Herzversagen und Schlaganfälle mit Todesfolge auf, weshalb das Unternehmen die Ergebnisse gegenüber der FDA zunächst verschwiegen hatte. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) entzog 2007 die Zulassung für das Medikament. Allerdings hob die europäische Arzneimittel-Behörde EMA im Frühjahr 2012 den Bann wegen angeblicher Fehler in der Studie wieder auf.
Beim als Schwangerschaftstest eingesetzten Hormonpräparat Duogynon des Berliner Unternehmens Schering, das heute zu Bayer gehört, kam es verstärkt zu Fehlgeburten und schweren Missbildungen von Kindern. Aus internen Dokumenten geht hervor, dass der Pharmafirma die fatalen Nebenwirkungen bereits seit 1967 bekannt waren. Das Bundesgesundheitsministerium sprach erst 1978 eine offizielle Warnung aus, das Medikament war bis 1980 zugelassen.
Der Ärzteverein warnt: »Solange sich die Entwicklung und Marktzulassung von Arzneien weiterhin auf die angebliche Sicherheit durch Tierversuche stützt, wird es bei Bayer und anderen Pharmakonzernen auch künftig Medikamentenskandale geben.« Die Experten fordern aus diesem Grund eine rein tierversuchsfreie Testung von Wirkstoffen an Zellsystemen, ausgeklügelten Computersimulationen und Biochips. Mit der Kombination moderner Verfahren lassen sich die Verstoffwechslung einer Substanz im menschlichen Körper detailliert darstellen und zuverlässige Rückschlüsse für die Wirkung im Menschen ziehen. Zudem seien Tiere fühlende Lebewesen und deren Degradierung zu reinen Messinstrumenten ethisch verwerflich.