Alzheimer-Tierversuche taugen nichts
13. Dezember 2013
Eine aktuelle wissenschaftliche Studie lässt den Rückschluss zu, dass Alzheimer-Tierversuche nicht auf den Menschen übertragen werden können. Die Forscher folgern, dass Untersuchungen an menschlichen Nervenzellen sinnvoller sind und stellen in der Fachzeitschrift Stem Cell Reports ein entsprechendes Untersuchungsmodell vor.
In Versuchen an transgenen Mäusen, Zellen tierischer Herkunft wie Zellen aus dem Eierstock Chinesischer Hamster, aber auch in Tests an menschlichen Nierenzellen, führte die Gabe von bestimmten Medikamenten (nichtsteroidalen Antirheumatika) dazu, dass sich weniger Ablagerungen bildeten, die für das Absterben des umliegenden Nervengewebes und damit für die Entstehung von Alzheimer verantwortlich gemacht werden. In der Phase 2 und 3 der klinischen Studie am Menschen zeigte sich dieser Therapieansatz jedoch wirkungslos.
Wissenschaftler der Universität Bonn haben nun gemeinsam mit Forschern aus Belgien und den USA aus Hautzellen von Patienten, die an einer bestimmten Form von Alzheimer leiden, Nervenzellen hergestellt. Die Hautzellen wurden dazu in das embryonale Stadium zurückversetzt. Aus diesen sogenannten pluripotenten Stammzellen können sich fast alle Arten von Zellen bilden, wie in diesem Fall Nervenzellen. An den so gewonnenen Neuronen testeten die Wissenschaftler die nicht nichtsteroidalen Antirheumatika, die unter anderem in Tests an tierischen Zellen und transgenen Mäusen wirksam erschienen. Das Ergebnis der Untersuchung an den menschlichen Nervenzellen jedoch zeigte - wie die klinische Studie auch - keinen Therapieerfolg und war somit gegensätzlich zu den Befunden aus der tierexperimentellen Forschung.
Die Autoren folgern, dass sich die Stoffwechselvorgänge in nicht-neuronalen Zellen und solchen tierischer Herkunft von denen in menschlichen Nervenzellen unterscheiden und somit eine Übertragbarkeit der Ergebnisse nicht gegeben ist. Da die Entwicklung eines Alzheimer-Medikaments viele Jahre dauert, sehen die Wissenschaftler es als zielführend, patientenspezifische Neuronen zu Untersuchungszwecken heranzuziehen. Die Tests mit standardmäßig verwendeten transgenen Maus“modellen“ oder nicht-neuronalen Zellen haben zu einer Fehleinschätzung der Wirksamkeit der Medikamente geführt. Die Autoren der Studie empfehlen daher die Forschung an den jeweils relevanten menschlichen Zellen.
Die Studie verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig durchdachte und auf die menschliche Situation bezogene Forschung ist. Forschung am falschen Organismus oder an den falschen Zellen führt zu vollkommen irreführenden Ergebnissen, was letztlich den medizinischen Fortschritt aufhält.
Quelle
Jerome Mertens et al.: APP Processing in Human Pluripotent Stem Cell-Derived Neurons Is Resistant to NSAID-Based y-Secretase Modulation. Stem Cell Reports 2013: 1(6); 491-498