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Wer Frankfurt am Main hört, denkt an das Bankenviertel. Auch an Tierversuche? Wahrscheinlich nicht, dabei ist Frankfurt eine Tierversuchshochburg. Wer das nicht wusste, ist nicht allein – die wenigsten wissen um die Tierversuche vor ihrer Haustür und die Verantwortlichen haben kein Interesse daran, das zu ändern. 

Welche Tierlabore gibt es in Frankfurt?

Wir verwenden Artikel in Fachzeitschriften und Stellenangebote als Quellen, aus denen wir unsere Adressliste der Tierlabore Deutschlands zusammengestellt haben. Dort listen wir die Institutionen auf, die für Tierversuche verantwortlich sind.

Welche Tierversuche werden in Frankfurt gemacht?

Einige Beispiele von Experimenten, die in Fachzeitschriften veröffentlicht worden, sollen einen kleinen Einblick geben. Weitere Versuchsbeschreibungen aus Frankfurt und ganz Deutschland sind in unserer Datenbank Tierversuche >> zu finden.

Ernst-Strüngmann-Institut (ESI) für Neurowissenschaften

frankfurt struengmann

in Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft, Deutschordenstr. 46, 60528 Frankfurt am Main

Wie läuft der Versuch ab? Katzen werden narkotisiert und ein rechteckiges Loch wird in den Schädelknochen gebohrt. Mit einer Pipette wird an vier Stellen eine Virusvektor-Lösung in das Hirngewebe injiziert. Das Loch wird mit Akrylzement verschlossen und die Haut vernäht. Vier bis sechs Wochen später werden die Katzen erneut betäubt. Auf einem Bildschirm vor den Augen werden nicht näher beschriebene visuelle Reize gezeigt. Der Schädel wird erneut eröffnet und das offene Hirngewebe wird entweder mit einem blauen oder gelben Laserlicht oder blauen LED-Licht stimuliert. Gleichzeitig werden ein oder mehrere Elektroden in das Hirngewebe eingelassen, die Hirnströme messen. Schließlich werden die Katzen getötet und ihre Gehirne entnommen. Ein ähnlicher Versuch wird bei Affen gemacht. (4)

Was wird gemacht – in einem Satz? Katzen und Affen wird der Schädel aufgeschnitten, es werden Viren injiziert und das freiliegende Hirngewebe mit Licht stimuliert, anschließend werden sie getötet.

Warum ist das sinnlos – und wie geht’s besser? Von den Torturen, die den Tieren hier angetan werden, abgesehen, wird bei den Versuchen außer Acht gelassen, dass das Gehirn von Katzen und Affen in wesentlichen Bereichen Unterschiede zu dem des Menschen aufweist. Entsprechend unterscheiden sich die Reizwahrnehmung und -verarbeitung im Gehirn. Diese Beispiele aus der Hirnforschung zeigen, dass viele Tierversuche von vornherein nicht durchgeführt werden, um am Menschen anwendbare Ergebnisse zu erzielen. Vielmehr geht es um die Befriedigung der Neugier und das Karrierestreben einzelner Forscher. Denn die Qualität der Forschung wird nicht daran gemessen, wie vielen Menschen geholfen werden konnte, sondern an der Anzahl und Wertigkeit der Publikationen in Fachzeitschriften.

Neben harmlosen und nichtinvasiven bildgebenden Verfahren, mit denen Gehirnaktivitäten bei freiwilligen Probanden untersucht werden können, werden in der Forschung bereits Mini-Gehirne genutzt, welche aus menschlichen Zellen gezüchtet werden können. (5) Diese können zur Grundlagenforschung genutzt werden (6), aber auch die molekularen Besonderheiten von Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson modellieren. (7,8)

Goethe-Universität Frankfurt

frankfurt uni

Pharmazentrum Frankfurt/ZAFES, Goethe Universität Frankfurt, Theodor-Stern-Kai 7, Haus 75A, 60590 Frankfurt am Main

Wie läuft der Versuch ab? Bei genmanipulierten Mäusen wird Darmkrebs durch das Spritzen der stark krebserregenden Chemikalie Azoxymethan in die Bauchhöhle ausgelöst. Zusätzlich wird eine chronische Darmentzündung durch Zugabe von Dextran-Natriumsulfat ins Trinkwasser verursacht. Dann wird der Darm der Tiere unter Betäubung endoskopisch untersucht und es wird protokolliert wie viele Tumore die Tiere entwickelt haben und wie stark sie bluten. Bei einigen Mäusen wird eine Knochenmarkstransplantation durchgeführt. Hierfür wird bei den „Spender“-Mäusen das Knochenmark der Beinknochen entnommen und dies bei zuvor bestrahlten „Empfänger“-Mäusen über die Schwanzvene transplantiert. Diese sogenannten chimären Mäuse werden bei einem Gewichtsverlust von über 15 % mit einer Lösung von Sterofundin aufgepäppelt. 16 Wochen nach der Transplantation werden Darmkrebs und Darmentzündung wie oben beschrieben ausgelöst. Schließlich werden die überlebenden Mäuse getötet, ihre Därme entnommen und untersucht. (9)

Was wird gemacht – in einem Satz? Bei genmanipulierten Mäusen wird ein Krebsgeschwür erzeugt, andere erhalten Knochenmark, das anderen Mäusen entnommen wurde und am Ende werden alle getötet.

Warum ist das sinnlos – und wie geht’s besser? Seit Jahrzehnten werden künstlich krebskrank gemachte Mäuse „geheilt“, was jedoch nicht mit der komplexen Situation beim Menschen vergleichbar ist. Wichtige Aspekte der Krankheitsentstehung wie Ernährung, Lebensgewohnheiten (Alkohol, Rauchen, Bewegungsmangel), schädliche Umwelteinflüsse sowie psychische und soziale Faktoren werden bei dieser Art der Forschung nicht berücksichtigt. So wird geschätzt, dass rund zwei Drittel aller Krebserkrankungen auf eine ungesunde Lebensweise zurückgehen.

Mittels der personalisierten Medizin kann man nicht nur die passenden Chemotherapeutika für den einen besonderen Patienten mit dieser einen Krebsart finden (10), sondern u.a. in Kombination mit 3D-Druck und Künstlicher Intelligenz auch verschiedenste Forschungsfragen adressieren – unsere NAT Datenbank für tierleidfreie Forschung enthält um die 100 Einträge für das Schlagwort „Krebs“; zu finden unter www.nat-database.de.

Frankfurt Initiative for Regenerative Medicine (FIRM)

Frankfurt Initiative for Regenerative Medicine, Experimental Trauma & Orthopedic Surgery, Goethe-Universität Frankfurt, Friedrichsheim gGmbH, Haus 97B 10G, Marienburgstr. 10, 60528 Frankfurt am Main

Wie läuft der Versuch ab? Bei Ratten wird unter Vollnarkose der Oberschenkelknochen durch einen 3 cm langen Hautschnitt freigelegt und eine Fünf-Loch-Platte mit vier Schrauben befestigt. Dann wird mit einer Drahtsäge ein 5 mm langes Stück Knochen unterhalb der Plattenmitte herausgesägt. In die Lücke wird ein Gerüst eingebracht. Die Ratten werden in drei Gruppen mit je 27 Tieren eingeteilt, die jeweils unterschiedlichen Behandlungen unterzogen werden: Die Versuchsgruppe erhält ein Gerüst, in das Stammzellen von Ratten eingebracht werden, sowie Elektrostimulation, eine zweite Gruppe erhält das Gerüst und die Stammzellen, jedoch keine elektrische Stimulation und die dritte Gruppe (Kontrollgruppe) erhält nur das Gerüst. Die Elektrostimulation erfolgt mit einem Gerät, bestehend aus einer Batterie und zwei Elektroden. Die Batterie wird unter die Rückenhaut des Tieres gepflanzt. Zwei Drähte führen von der Batterie unter der Haut entlang zum Knochenspalt. Die Wunde wird vernäht. Eine Ratte stirbt aufgrund von Komplikationen bei der Narkose. Bei drei Ratten kommt es zu Infektionen an der Knochenlücke. Bei zwei Ratten lösen sich die Knochenfixationsplatten. Eine oder 8 Wochen nach der Operation werden jeweils einige Ratten aus jeder Gruppe durch Ersticken mit Kohlendioxid getötet. Die Oberschenkel werden entfernt und untersucht. (11)

Was wird gemacht – in einem Satz? Ratten wird ein Stück vom Oberschenkelknochen herausgesägt, sie bekommen ein Gerüst dort eingesetzt und werden dann mit Stammzellen oder Elektrostimulation behandelt, am Ende werden sie getötet.

Warum ist das sinnlos – und wie geht’s besser? Tiere und Menschen unterscheiden sich in unzähligen Punkten, eben auch in der Knochenstruktur. Durch den Vierbeiner-Gang der Nager sind die Krafteinwirkungen und die Statik völlig anders als beim aufrecht gehenden Menschen. Daher können die Ergebnisse aus Tierstudien nicht auf die Situation des Menschen übertragen werden.

Zur Entwicklung und Verbesserung von Medizinprodukten gibt es inzwischen aus menschlichen Zellen 3D-gedruckte Knochen (12). Ein Osteogenese-auf-dem-Chip erlaubt Arzneimittel- und Giftigkeitsprüfungen, wie diese auf Knochen wirken. (13)

Weitere für Tierversuche verantwortliche Einrichtungen

frankfurt speyer
Georg-Speyer-Haus

  • Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main, Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie und Neurotraumatologie, Friedberger Landstr. 430, 60389 Frankfurt/M.
  • Georg-Speyer-Haus, Institut für Tumorbiologie und Experimentelle Therapie, Paul-Ehrlich-Str. 42-44, 60596 Frankfurt/M.
  • Max-Planck-Institut für Biophysik Abteilung Molekulare Neurogenetik, Max-von-Laue-Str. 3 60438 Frankfurt/M.
  • Merz GmbH & Co. KGaA, Eckenheimer Landstr. 100, 60318 Frankfurt/M.
  • Sanofi-Aventis Pharma Deutschland GmbH, Industriepark Höchst, K703, 65926 Frankfurt/M.
  • Fachbereich Biowissenschaften, Max-von-Laue-Str. 15, 60483 Frankfurt/M. 

Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt

  • Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Paul-Ehrlich-Str. 40, 60596 Frankfurt/M.
  • Institut für Kardiovaskuläre Physiologie (Physiologie I), Theodor-Stern Kai 7, Haus 74/75, 60596 Frankfurt/M.
  • Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft, Max-von-Laue-Str. 13, 60439 Frankfurt/M.
  • Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft, Siesmayerstr. 70 A, 60323 Frankfurt/M.

Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität

frankfurt uniklinik

  • Carolinum Zahnärztliches Universitäts-Institut gGmbH der Johann Wolfgang-Goethe-Universität, Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Carolinum), Theodor- Stern-Kai 7, 60595 Frankfurt/M.
  • Klinik für Anästhesiologie, Intensivtherapie und Schmerztherapie, Theodor-Stern-Kai 7, 60595 Frankfurt/M.
  • Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Kopf- und Halschirurgie, Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt/M.
  • Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt/M.
  • Physiologisches Institut III, Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt/M.
  • Zentrum für Pharmakologie, Theodor-Stern-Kai 7, 60596 Frankfurt/M.
  • Zentrum für Neurologie und Neurochirurgie (ZNN), Klinik für Neurologie, Experimentelle Neurologie, Heinrich Hoffmann Straße 7, Haus 89, 60528 Frankfurt/M. 

Max-Planck-Institut für Hirnforschung

frankfurt mpi

  • Abteilung für Neurophysiologie, Deutschordenstr. 46, 60528 Frankfurt/M.
  • Abteilung für Synaptische Plastizität und Abteilung für Neuroanatomie, Deutschordenstr. 46, 60528, Frankfurt/M.
  • Selbständige Nachwuchsgruppe, "Kortikale Funktion und Dynamik", Deutschordenstr. 46, 60528 Frankfurt/M.

Tierversuchsfrei Forschen

Die erwähnten tierleidfreien, humanbasierten Forschungsmethoden sind nur wenige Beispiele. Eine große Vielfalt ist in unserer NAT-Datenbank zu finden: die NAT Database für moderne tierversuchsfreie Technologien >> - einfach mal reinschauen! Es gibt schon viele faszinierende Möglichkeiten in diesem Bereich!

18.06.2021
Dipl. Biol. Julia Radzwill

Quellen

  1. Lindl T et al. Animal experiments in biomedical research. An evaluation of the clinical relevance of approved animal experimental projects: No evident implementation in human medicine within 10 years. ALTEX 2005; 22(3):143–151
  2. Lindl T et al. No clinical relevance of approved animal experiments after seventeen years. ALTEX 2011; 28(3):242–243
  3. Mullard A. Parsing clinical success rates. Nat Rev Drug Discov 2016; 15(7):447–447
  4. Ni J et al. Gamma-rhythmic gain modulation. Neuron 2016; 92(1):240–251
  5. Bachmann L et al. Gene edited fluorescent cerebral organoids to study human brain function and disease. BioRxiv 2020; https://doi.org/10.1101/2020.11.24.395533
  6. Paşca SP. Assembling human brain organoids. Science 2019; 363(6423):126–127
  7. Schwamborn JC. Is Parkinson’s Disease a neurodevelopmental disorder and will brain organoids help us to understand it? Stem Cells 2018; 27(14):968–975
  8. Marks D et al. Amyloid precursor protein elevates fusion of promyelocytic leukemia nuclear bodies in human hippocampal areas with high plaque load. Acta Neuropathol Commun 2021; 9(1):66
  9. Richter C. et al. Defective IL-23/IL-17 Axis Protects p47phox−/− Mice from Colon Cancer. Frontiers in Immunology 2017; 8: 44
  10. Indivumed Website. IndivuTest
  11. Leppik L et al. Combining electrical stimulation and tissue engineering to treat large bone defects in a rat model. Sci Rep 2018; 8(1):6307
  12. 3D LifePrints. Medical 3D Printing Products & Services, Implants, Surgical Guides, Anatomical models, 3D Design
  13. Bahmaee H et al. Design and Evaluation of an Osteogenesis-on-a-Chip Microfluidic Device Incorporating 3D Cell Culture. Front Bioeng Biotechnol 2020; 8:557111