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Am 15. September 2021 stimmte das Europa-Parlament mit überwältigender Mehrheit von 667 Stimmen, bei 4 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen für einen Entschließungsantrag, der die EU-Kommission auffordert, einen Aktionsplan mit ehrgeizigem Zeitplan vorzulegen, um aus dem Tierversuch auszusteigen.

„Die Pandemie hat gezeigt, dass wir, wenn wir wollen, Lösungen finden können. Die Kommission sollte keine Tierversuche dulden. Als nächsten Schritt sollte die Kommission eine Arbeitsgruppe einrichten, die die verschiedenen Generaldirektionen mit den Mitgliedstaaten und Forschungsinstitutionen zusammenbringt, damit wir einen richtigen Fahrplan und einen Aktionsplan haben, um Tiere in der Forschung vollständig abzuschaffen.“ Das Zitat ist nicht etwa von uns, sondern von Jytte Guteland, schwedische Europa-Abgeordnete der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten.

Bei der Parlamentsdebatte am 8. Juli 2021 mochte man kaum seinen Ohren trauen. Elf Parlamentarier, quer durch alle Fraktionen, ergriffen das Wort und übertrafen sich geradezu mit engagierten Aussagen gegen Tierversuche und Forderungen an die EU-Kommission, endlich etwas zu tun. Wie war es zu diesem historischen Moment gekommen?

Lobbyarbeit in Brüssel und Straßburg

Auf Initiative von Eurogroup for Animals (EfA) hatten sich Europas große Dachverbände ECEAE, PETA, Humane Society International und Cruelty Free Europe zusammengeschlossen, um die Lobbyarbeit in Brüssel und Straßburg zu bündeln und effektiv voranzutreiben. ÄgT ist Mitglied sowohl bei der Eurogroup for Animals als auch der ECEAE. Letzterer Verband wurde durch bei dem internationalen Zusammenschluss durch ÄgT-Mitarbeiter vertreten. Unser Verein war darüber also immer voll am Ball.

Zunächst wurde eine „Mündliche Frage“ initiiert, die von Jytte Guteland eingereicht und von weiteren 35 Parlamentariern unterzeichnet wurde. Darin fragen die Volksvertreter, was die Kommission plant, um sich nicht länger auf althergebrachte Tierversuche zu verlassen und den Übergang zu einer modernen, humanrelevanten tierversuchsfreien Wissenschaft zu beschleunigen.

Auf die Mündliche Frage folgte die Debatte am 8.Juli 2021 im Parlament und schließlich die Abstimmung am 15. September 2021 über den Entschließungsantrag. Die Dachverbände begleiteten den gesamten parlamentarischen Prozess intensiv. Doch auch die Pro-Tierversuchslobby war nicht untätig, sieht sie doch gerade ihr Fundament wegbrechen. So wurden zahlreiche Änderungsanträge in die Resolution eingebracht und leider größtenteils auch angenommen, sodass nun auch solche Behauptungen drinstehen, wie dass das Parlament anerkennen würde, dass Tierversuche „in erheblichem Maße zu Fortschritten bei der Behandlung vieler Krankheiten beim Menschen beigetragen“ haben und dass Tierversuche weiterhin nötig seien.

Historischer Moment

Dennoch: Die klare Forderung nach einem Ausstiegsplan konnten die Tierversuchslobbyisten nicht entfernen. Der Plan soll Meilensteine und Zielvorgaben enthalten, um Anreize für Fortschritte beim Ersatz von Tierversuchen durch tierversuchsfreie Methoden zu schaffen. Die Verantwortung für den Aktionsplan soll nicht in der Hand weniger liegen, sondern es soll eine hochrangige Taskforce gebildet werden, die verschiedene Generaldirektionen der Kommission und EU-Agenturen an einen Tisch bringt sowie die Mitgliedstaaten und relevante Interessenvertreter einbezieht. Eine gezielte Förderung tierversuchsfreier Methoden und die Schulung an diesen sind ebenfalls Bestandteil der Forderung.

Die Annahme des Entschließungsantrags mit 97% Zustimmung ist ein historischer Moment für die Tierversuchsgegnerbewegung! Die erfolgreiche Europäische Bürgerinitiative „Save Cruelty Free Cosmetics – Für ein Europa ohne Tierversuche“ legte dann noch eins drauf und machte der EU-Kommission deutlich, dass auch Europas Bürger ein Ende der Tierversuche wollen.

22.02.2023
Dr. med. vet. Corina Gericke