Hamburger Tierversuchslabor LPT
Bearbeitet am: 11. Oktober 2022
Das LPT (Laboratory of Pharmacology and Toxicology) in Hamburg führt seit Jahrzehnten unzählige Tierversuche für Auftraggeber aus der ganzen Welt durch – hauptsächlich Giftigkeitsversuche bei verschiedensten Tierarten, darunter auch Hunde und Affen. Auch die berüchtigten Botox-Tierversuche, bei denen Mäuse qualvoll erstickt werden, finden beim LPT statt. Wie diese Versuche ablaufen und unter welchen Bedingungen die Tiere dort leben, ist streng geheim.
Mitte Oktober 2019 erhielt die Öffentlichkeit Einblick hinter die geheimen Kulissen des LPT. Der deutsche Verein SOKO Tierschutz und die britische Organisation Cruelty Free International hatten einen Mitarbeiter eingeschleust, der verdeckte Aufnahmen machte und erschreckende Zustände dokumentierte. Beagle und Affen werden in engen, teils blutverschmierten Käfigen gehalten, ohne Beschäftigungsmaterial, sie haben kaum Kontakt zu Menschen. Die sozialen Tiere sehnen sich nach Zuneigung – trotz des Leids, das sie ertragen müssen. Einer Katze wird dreizehnmal am Tag in die Beine gestochen. Affen werden die Köpfe fixiert oder sie werden auf Sitzen festgeschnallt, die Tiere zeigen massive psychische Stressreaktionen in ihrer ausweglosen Lage.
Am Hauptsitz des LPT in Hamburg-Neugraben werden Versuche an Mäusen, Ratten und Meerschweinchen (und evtl. weiteren Kleintieren) durchgeführt, inkl. der berüchtigten Botox-Tierversuche. Am Standort Mienenbüttel in Niedersachsen, Landkreis Harburg, wo die verdeckten Aufnahmen gemacht wurden, finden Versuche an Hunden, Katzen und Affen statt. Eine weitere Niederlassung gibt es in der ländlichen Gemeinde Wankendorf im schleswig-holsteinischen Kreis Plön. Dort wird an Schweinen, Mäusen, Ratten und Kaninchen experimentiert.
Die Bilder riefen eine enorme Protestwelle hervor, die Behörden leiteten Kontrollen ein und machten Auflagen bezüglich der Tierhaltung. Der Landkreis Harburg und verschiedene Tierschutzvereine stellten Strafanzeige.
Proteste seit 10 Jahren
Vor 10 Jahren hat sich in dem kleinen Ort Mienenbüttel eine Bürgerinitiative gegründet, Lobby pro Tier - Mienenbüttel, die seither gegen das Labor vor der Haustür mobilmacht. ÄgT hat den Verein seit seiner Gründung aktiv unterstützt – mit Vorträgen, Infomaterial, Teilnahme an Aktionen usw. Die Medien berichteten immer wieder breitflächig. 2013 gründete sich die Initiative „LPT Schließen“, die bis 2018 unzählige Aktionen und Demos in Hamburg-Neugraben durchführte. Zeitgleich bildete sich die Aktionsgruppe LPT Mahnwache, die seither bei Wind und Wetter zweimal wöchentlich früh morgens Mahnwachen vor dem Hauptsitz in Hamburg-Neugraben abhält.
Systemversagen
Auf Initiative von Lobby pro Tier haben Politiker hauptsächlich von den Grünen und der SPD immer wieder versucht, Licht ins Dunkel zu bringen, doch einer Politiker-Delegation und selbst dem Bürgermeister von Neu-Wulmstorf wurde der Zugang zum Labor verwehrt. Anfragen an das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) sowie das zuständige Veterinäramt wurden abgetan damit, dass beim LPT alles in bester Ordnung sei, Kontrollen würden regelmäßig durchgeführt werden. Ein Hohn, wenn man sich die jetzt veröffentlichten Undercover-Aufnahmen anschaut. Die Kontrollorgane haben offensichtlich jahrelang systematisch weggesehen, denn zu kleine Käfige sind ja sicher nicht über Nacht aufgetaucht. Der aktuelle Skandal belegt erneut, dass der Tierschutz hierzulande mit Füßen getreten wird.
Juristische Schritte
Mit der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht (DJGT) veröffentlichten wir eine juristische Kurzstellungnahme, die die Schließung des LPT als einzig konsequente und rechtlich gebotene Option nahelegt. Im Oktober 2020 stellten wir Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz.
Labore müssen schließen
Am 17. Januar 2020 untersagte der Landkreis Harburg dem LPT mit sofortiger Wirkung die Tierhaltung am Standort Mienenbüttel, da die gesetzlich geforderte Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben ist. Alle noch in dem Tierversuchslabor lebenden Tiere sollten an geeignete Dritte abgegeben werden. Die ca. 180 Affen konnten allerdings nicht gerettet werden. Sie gingen im Vorfeld zurück an den Händler Hartelust in den Niederlanden. Etwa 225 Hunde und Katzen konnten in private Hände vermittelt werden. Im Februar 2020 wurde auch das zweite Labor am Hauptstandort in Hamburg-Neugraben von den Behörden dichtgemacht. Der dritte Standort des LPT in Schleswig-Holstein blieb allerdings unbehelligt. Im Juni 2020 kippte das Oberverwaltungsgericht die Behördenentscheidung bezüglich des Haupt-Labors in Hamburg-Neugraben.
Im Dezember 2021 schließlich kündigt das LPT - das sich inzwischen in Provivo Bioscience umgenannt hatte - über die Medien das endgültige Ende des Tierquallabors an. Bis Ende Januar 2022 sollen die letzten Tierversuchsreihen beendet und bis 2022 alle drei Standorte abgewickelt werden. Man wolle zukünftig an einem neuen Standort mit Zelltests forschen. Welch ein großartiger Erfolg der Tierversuchsgegnerbewegung!
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