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Ärzte gegen Tierversuche kritisieren Schlupflöcher

Ab 11. März 2009 dürfen in der EU keine Kosmetika mehr verkauft werden, die an Tieren getestet wurden und auch Tierversuche für Inhaltsstoffe sind verboten. Die bundesweite Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche begrüßt dies als Teilerfolg, ermahnt die Politik aber, die Umsetzung zu kontrollieren und sich dem Ausstieg aus dem Tierversuch nicht zu verwehren.

Mit dem nun in Kraft tretenden EU-weiten Vermarktungsverbot tierquälerischer Kosmetik ist laut Ärzte gegen Tierversuche ein wichtiges Ziel erreicht. Allerdings bedeutet dieses Verbot immer noch kein Ende der Tierqual für die Schönheit, da Versuche zur Giftigkeit bei wiederholter Gabe, Reproduktions-Giftigkeit sowie zur Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechslung und Ausscheidung einer Substanz noch bis mindestens 2013 erlaubt sind. Zudem sei unklar, ob das Verbot in der Praxis berücksichtigt wird und wie die Einhaltung überhaupt kontrolliert wird.

Nach Ansicht der Ärztevereinigung ist es unverständlich, wie die Politik derart schwerfällig und mit so vielen Schlupflöchern Verbote für Versuche in Gang bringt, die nur dem reinen Kommerz dienen. Es gibt über 8.000 altbewährte Inhaltstoffe, mit denen sich ganz ohne Tierqual beliebig viele Schönheitsmittel herstellen ließen. Da die Industrie den Markt aber unermüdlich mit Cremes und Pulvern mit immer neuen Inhaltsstoffen überschwemmt, ist zu befürchten, dass die Tierversuche in der Kosmetik so fortgeführt werden wie bisher. Denn die meisten Rohstoffe werden nicht ausschließlich für Kosmetika verwendet, sondern auch in anderen Produkten, deren Inhaltsstoffe unter die Testvorschriften für Chemikalien fallen.

»Das ganze System Tierversuch dient einzig der Absicherung der Industrie, falls mit ihren Produkten etwas schief geht. Die Sicherheit der Verbraucher bleibt vollkommen auf der Strecke«, kritisiert Silke Bitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ärzte gegen Tierversuche. »Schon verschiedene Tierarten reagieren unterschiedlich auf eine Substanz. So stimmen beim Test auf Krebsrisiko die Ergebnisse bei Ratten und Mäusen nur zu 60% überein. Aus dem Tierversuch Schlüsse auf den Menschen zu ziehen, gleicht einem Lotteriespiel, das für den Menschen tödlich enden kann. Beispielsweise rufen von 19 bekanntermaßen beim Menschen krebserregenden Substanzen nur 7 auch bei Nagern Krebs hervor«, so die Biologin weiter.

Ob in der Kosmetik, Arzneimittelforschung oder der chemischen Industrie: Tierversuche sind ungeeignet, um Risiken für den Menschen und die Umwelt vorherzusehen und müssen zu Gunsten einer guten und ethisch verträglichen Wissenschaft endlich das Feld räumen, fordert der Ärzteverein.

Mit der 7. Änderung der Kosmetikrichtlinie* tritt eine stufenweise Einschränkung der Tierversuche im Kosmetiksektor in Kraft. Erster Teilerfolg war im September 2004 das EU-weite Verbot der Testung kosmetischer Fertigprodukte am Tier sowie ein Verkaufsverbot von tiergetesteten Kosmetikprodukten und –rohstoffen, was damals jedoch an das Vorhandensein anerkannter Testmethoden geknüpft war.

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*Richtlinie 2003/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Februar 2003 zur Änderung der Richtlinie 76/768/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel