Uni Regensburg erhält Preis für absurdesten Tierversuch 2024
- Pressemitteilung
- Dr. Corina Gericke
Mäuse mit Elektroschocks gequält
Das Regensburg Center for Neuroscience (RNC) der Universität Regensburg ist unrühmlicher Gewinner des Preises für den absurdesten Tierversuch des Jahres 2024. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche hatte eine Woche lang zu einer öffentlichen Online-Abstimmung aufgerufen. Zur Auswahl standen fünf vom Verein ausgewählte Tierversuche aus Dresden, Frankfurt, Regensburg und München. Von den 5.431 abgegebenen Stimmen entfielen rund 26 % auf einen Versuch mit 192 Mäusen aus Regensburg, bei dem den Tieren Elektroschocks verabreicht wurden, um bei ihnen Angst vor Artgenossen auszulösen. Zu glauben, dass sich mit solchen sogenannten Tiermodellen soziale Ängste beim Menschen erforschen lassen, ist nach Einschätzung des Ärztevereins absurd.
Bei dem 2023 in der Fachzeitschrift Translational Psychiatry veröffentlichten Experiment, werden Mäuse narkotisiert und ihnen werden Nadeln ins Gehirn geschoben, über die verschiedene Substanzen in ihr Gehirn injiziert werden. Die Nager werden in eine Kammer gesetzt, deren Boden aus einem Metallgitter besteht. Dann wird ein Drahtkäfig mit einer anderen Maus in die Kammer gesetzt. Ein Teil der Mäuse erhält über den Drahtboden einen elektrischen Schock, sobald sie sich dem Artgenossen nähern. Am nächsten Tag werden den Mäusen verschiedenen Artgenossen präsentiert und es wird beobachtet, ob und für wie lange sich die Mäuse ihren Artgenossen nähern. Daraus wird auf die Angst der Tiere vor Artgenossen geschlossen und darauf, ob sie diese Angst bei Ausbleiben des Elektroschocks „verlernen“. Der Test wird an Tag 3 und Tag 32 wiederholt, dann werden die Mäuse getötet und ihr Gehirn wird untersucht.
Ziel der Versuche sei es laut Angaben der Autoren, das Er- und Verlernen von sozialer Angst an Mäusen zu untersuchen, um medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit sozialen Ängsten zu entwickeln. „Soziale Ängste entwickeln sich beim Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen über einen längeren Zeitraum anhand der Erfahrungen, die der betroffene Mensch macht und können auch eine genetische Komponente aufweisen“, erklärt Dr. Johanna Walter, wissenschaftliche Referentin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Diese komplexe Krankheitsentstehung beim Menschen nun auf die Gabe von Elektroschocks herunterzubrechen und bei Mäusen zu untersuchen, die sich in ihrer Physiologie und ihrem Sozialverhalten ganz erheblich vom Menschen unterscheiden, ist einfach absurd“, so Walter weiter.
Auf den „zweiten Platz“ des Negativpreises kam ein Versuch aus München (Planegg-Martinsried), bei dem an geköpften Kaulquappen untersucht wurde, wie ihre Augen auf Bewegung reagieren. Auf Platz 3 landete ein Versuch der Uni Dresden, bei dem Axolotl Beine abgetrennt wurden, um zu untersuchen, wie die Gliedmaßen nachwachsen. Platz vier belegt ein Versuch aus Frankfurt an Fledermäusen, bei dem getestet wird, ob sich ihr Gehör ändert, wenn sie wach oder narkotisiert sind. Und schließlich wurden in München (Planegg-Martinsried) Rennmäuse durch Aushungern dazu gebracht, sich in einer virtuellen Realität zu bewegen. Ausführliche Beschreibungen der genannten Versuche inklusive der Originalquellen finden sich auf der Aktions-Webseite Vereins.
Mit der Abstimmung möchte der Verein exemplarisch einige Tierversuche ans Licht der Öffentlichkeit bringen und zeigen, in was für absurden Versuchen Tiere ohne erkennbaren Nutzen für den Menschen leiden müssen. Damit soll ein Gegengewicht zu der von Tierversuchsbefürworten gerne vorgebrachten Rechtfertigung, dass Tierversuche dem Wohle des Menschen dienen, geschaffen werden. In den vergangenen Jahren hatte der Ärzteverein den Negativpreis „Herz aus Stein“ vergeben, dessen Fokus auf besonders grausamen Tierversuchen lag.
Weitere Infos und Quellen
Aktionswebseite „Absurdester Tierversuch 2024“ >>
Ärzte gegen Tierversuche: Datenbank Tierversuche >>
Originalpublikation des „Gewinnerversuchs“:
Bludau A. et al. HDAC1-mediated regulation of GABA signaling within the lateral septum facilitates long-lasting social fear extinction in male mice. Translational Psychiatry 2023; 13:10