Uni Mainz baut Tierversuchsforschung aus
- Ärzte gegen Tierversuche e.V.
Tiere müssen in Hirnversuchen leiden
Die bundesweite Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche kritisiert den Neubau eines weiteren 42 Millionen teuren Tierversuchslabors an der Universität Mainz. Tausende Mäuse und Ratten sollen hier unter anderem als „Modell“ menschlicher Schizophrenie herhalten. Der Ärzteverein fordert von Bund und Land, Steuermittel in moderne, sinnvolle Forschung ohne Tierversuche zu investieren.
Auf dem Campus der Universität Mainz entsteht derzeit das Forschungszentrum Translationale Neurowissenschaften (FTN) im Biomedizinischen Forschungszentrum (BMZ). Hier sollen molekulare und zelluläre Abläufe im Gehirn und Strategien zur Stärkung der psychischen Gesundheit und Krankheiten wie Depression, Schizophrenie und Multiple Sklerose erforscht werden. „Was den Bürgern als heilsversprechende Wissenschaft verkauft wird, bedeutet in Wirklichkeit unvorstellbare Torturen für Tiere und unerfüllte Hoffnungen kranker Menschen, wovon jedoch in den Medien nichts zu lesen ist“, erläutert Dr. med. Lucie Braun, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Vorsitzende des Vereins.
Eine Nachfrage der Ärztevereinigung beim Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur in Rheinland-Pfalz ergab, dass in der neuen Versuchseinrichtung eine Haltungskapazität für 6.000 Mäuse in 2.000 Käfigen sowie 300-400 Ratten in 100 Käfigen geschaffen werden soll. Da die Käfige mehrmals im Jahr neu besetzt werden, ist die tatsächliche Tierzahl höher. An den Tieren sind im Rahmen der per Definition zweckfreien Grundlagenforschung unter anderem Versuche zur Elektrophysiologie und Neuroanatomie geplant. Solche Versuche sind laut Ärztevereinigung in der Regel mit großem Leid verbunden. So werden Ratten Messelektroden in das Gehirn implantiert, um Rückschlüsse zur menschlichen Schizophrenie zu ziehen. In der Depressionsforschung werden Ratten oder Mäuse gezwungen, bis zur Erschöpfung zu schwimmen oder sie werden mit Elektroschocks traktiert. Tiere, die aufhören zu Schwimmen oder die Elektroschocks ohne Reaktion über sich ergehen lassen, gelten als depressiv.
Der Ärzteverein kritisiert solche Versuche als realitätsfremd. „Es ist abwegig zu glauben, damit zu Erkenntnissen über die komplexe Psyche des Menschen oder Erkrankungen des Gehirns und Nervensystems zu gelangen, was auch wissenschaftliche Studien belegen“, so Braun weiter. Ein 2012 in der medizinischen Fachzeitschrift Psychiatric Times erschienener Artikel nimmt Tierversuche in der Psychiatrie unter die Lupe und resümiert, dass diese nicht geeignet sind, um psychische Erkrankungen des Menschen zu erforschen. Eine 2014 von der TiHo Hannover veröffentlichte Studie attestiert der tierexperimentellen Multiple Sklerose-Forschung eine mangelnde Übertragbarkeit selbst innerhalb verschiedener Tier“modelle“.
Als grundlegendes Manko der tierexperimentellen Forschung sieht der Verein, dass diese keine zuverlässige Aussage für den Menschen ermöglicht. So erkranken Tiere von Natur aus nicht an den meisten menschlichen Erkrankungen und es werden lediglich ähnliche Symptome im Labor nachgeahmt. Damit würde der medizinische Fortschritt blockiert, da die Tierversuchsergebnisse irrelevant hinsichtlich der Anwendbarkeit beim Menschen sind.
Finanziert werden das BMZ und damit das Tierversuchslabor mit 42 Millionen Euro jeweils zur Hälfte vom Land Rheinland-Pfalz und vom Bund, also aus Steuermitteln. Neben der ethischen Unvertretbarkeit und der wissenschaftlichen Unsinnigkeit der Tierversuche kritisiert der Ärzteverein, dass einzelne Tierversuchslabors mit zweistelligen Millionenbeträgen finanziert werden, während bundesweit die tierversuchsfreie Forschung mit einem Almosen von rund 4 Millionen Euro pro Jahr abgespeist wird.