Mäusen beim Sterben zugeschaut
- Pressemitteilung
- Dr. Corina Gericke
Ärzteverein stellt Strafanzeigen gegen Tierexperimentatoren in Heidelberg, Homburg/Saar und Magdeburg
Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche stellte aktuell Strafanzeigen gegen Tierexperimentatoren in Heidelberg, Homburg/Saar und Magdeburg wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Mäusen werden künstlich Krebszellen injiziert und teilweise ein Testwirkstoff verabreicht. Dann wird beobachtet, wie lange es dauert, bis die Tiere tot sind. Sogenannte Überlebenskurven, die diesen Prozess darstellen, sind in der tierexperimentellen Forschung gang und gäbe. Das bewusste „Sterbenlassen“ verursacht bei den Tieren länger anhaltende und erhebliche Schmerzen, Leiden und Schäden und stellt damit eine Straftat nach dem Tierschutzgesetz dar.
Konkret geht es um eine Versuchsreihe aus dem Universitätsklinikum Heidelberg, bei der einer unbekannten Anzahl Mäusen Bauchspeicheldrüsenkrebszellen in ihre Bauchspeicheldrüse gespritzt wurden. Fast alle Tiere starben innerhalb von 80 Tagen an den Folgen des wachsenden Tumors. Bei einer Studie aus der Universität Magdeburg wurden Mäusen menschliche Tumorzellen durch ein Bohrloch im Schädel direkt in das Gehirn injiziert. Mindestens 82 Mäuse starben ohne Schmerzlinderung innerhalb von 27 Tagen an den Folgen des Krebses. Im dritten Versuch aus dem Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar verstarben mindestens 61 Mäuse an einem Krebsleiden, nachdem ihnen Prostatakrebszellen injiziert worden waren, die Metastasen in Lymphknoten und Lunge bildeten.
Der Verein Ärzte gegen Tierversuche betreibt eine öffentlich zugängliche Internet-Datenbank, in der über 5.300 Beschreibungen von Tierversuchen in Deutschland aus drei Jahrzehnten gelistet sind – nur ein Bruchteil dessen, was tatsächlich stattfindet. Die Sammlung beruht auf Publikationen, welche die Experimentatoren selbst in Fachzeitschriften veröffentlichen. „Bei der Bearbeitung von Artikeln für die Datenbank fallen immer wieder sogenannte Überlebenskurven ins Auge, aus denen hervorgeht, dass Mäuse unmittelbar und über einen längeren Zeitraum an ihren künstlich herbeigeführten Krankheiten wie Krebs oder Infektionen oft qualvoll sterben“, erklärt Dr. med. vet. Corina Gericke, Vizevorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche. Eine vorzeitige Tötung könnte das Leid zumindest etwas verkürzen. Der Verzicht darauf ist nach Ansicht des Ärztevereins ein strafbarer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
„Unser Verein kämpft für die Abschaffung aller Tierversuche. Nicht nur der Tiere wegen, sondern vor allem auch, weil sie eine falsche Methode sind, die keine sinnvollen Ergebnisse für kranke Menschen liefern,“ konstatiert Tierärztin Gericke. „Dass die ohnehin schon viel zu laschen Gesetze wenigstens eingehalten werden, ist das Mindeste, was zu erwarten ist.“
Hinzu kommt, dass es in allen drei Fällen zu der Fragestellung bereits klinische Studien mit menschlichen Patienten gegeben hat, die Tierversuche also schon allein deswegen überflüssig waren.
Bereits 2020 hatte der Verein vier Genehmigungsbehörden in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen auf Tierversuchsprojekte aufmerksam gemacht, bei denen ebenfalls Tiere qualvoll sterben gelassen wurden - jedoch ohne nennenswerte Resonanz vonseiten der Behörden.
„Mit den Strafanzeigen wollen wir exemplarisch Experimentatoren, die bewusst Tierleid verursachen, zur Rechenschaft ziehen und an die Behörden appellieren, solche, mit besonders viel Leid verbundenen Tierversuche nicht länger zu genehmigen“, so Gericke abschließend.
Weitere Infos
Quellen
Bazhin AV et al: Pivotal antitumor role of the immune checkpoint molecule B7-H1 in pancreatic cancer. OncoImmunology 2022; 11:1
John P et al.: AKT1E17K-mutated meningioma cell lines respond to treatment with the AKT inhibitor AZD5363. Neuropathology and Applied Neurobiololgy 2022; 48(2):e12780
Linxweiler J. et al.: Primary Tumor Resection Decelerates Disease Progression in an Orthotopic Mouse Model of Metastatic Prostate Cancer. Cancers 2022; 14: 737