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Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, die sich in zahlreichen Beschwerden äußern kann. Über Wochen bis Monate anhaltende Phasen mit traurigen Gefühlen und negativen Gedanken führen zu Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Interessenverlust sowie mannigfaltigen körperlichen Symptomen. Hierzu zählen beispielsweise Schlaflosigkeit, Appetitstörungen und Schmerzzustände. Depression kann als eigenständige Störung auftreten oder als Folge von anderen schweren Grunderkrankungen oder Belastungen (1).

Eine bipolare Depression liegt vor, wenn es neben Symptomen der Mattigkeit auch zu Phasen grundloser, übermäßig gehobener Stimmung (manisch-depressiv) kommt. Bei der unipolaren Depression gibt es dagegen keine manischen Phasen.

Die Ursache von Depressionen ist bisher nicht genau bekannt. Faktoren wie erblich bedingt erhöhtes Risiko, belastende Erlebnisse oder Lebensumstände, hormonelle Veränderungen, körperliche Erkrankungen und Lichtmangel können zur Ausbildung der Erkrankung führen (2).

Depressionen gehören weltweit zu den häufigsten Formen psychischer Störungen. In Deutschland leiden rund 8 % der Bevölkerung an einer Depression, wobei häufiger Frauen als Männer betroffen sind (3,4).

Depression bei Tieren

Die moderne Verhaltensforschung bescheinigt Tieren Intelligenz, Gefühls- und Leidensfähigkeit. Tiere empfinden Trauer, Schmerz, Angst, Einsamkeit und Freude (5). Sind die negativen Stimmungen dabei nicht nur vorübergehend, sondern dauern länger an, so kann man auch bei Tieren von Depression sprechen. Vor allem Aggressionen, Ängstlichkeit, sich zurückziehen oder Automutilation weisen auf eine psychische Störung hin. Wie beim Menschen sind die Ursachen vielfältig, beispielsweise Verlust des Partnertieres, anhaltender Stress oder Erkrankungen (6).

Tierversuche in der Depressionsforschung

Für die Ausbildung von Depressionen bei Menschen gibt es viele Ursachen bzw. Faktoren, die eine Rolle spielen. Und auch die Symptome sind sehr vielfältig und individuell unterschiedlich. In Tierversuchen werden aber nur einzelne, beim Menschen bereits bekannte Aspekte berücksichtigt, um wiederum nur einzelne Symptome der Krankheit bei den Tieren „herzustellen“. Ein Gefühl von Wertlosigkeit oder auch Suizidgedanken können im Tierversuch nicht nachvollzogen werden, und werden deshalb - obwohl es wichtige Merkmale einer Depression sein können - gar nicht erst berücksichtigt.

Da in der tierexperimentellen Depressionsforschung nur einzelne Symptome künstlich kreiert werden, wundert es nicht, dass es für Depression nicht „DAS ‚Tiermodell‘“ gibt, sondern zig verschiedene. So viele, dass nachfolgend nur eine Auswahl besonders häufig angewandter sowie absurder und/oder grausamer Methoden aufgelistet werden (7–9). Am häufigsten werden Mäuse und Ratten für die Versuche verwendet. Aber auch andere Tierarten wie Affen und Fliegen kommen „zum Einsatz“.

  • Der Verlust der Fähigkeit, Freude zu empfinden (Anhedonie) ist ein Kernsymptom der Depression. Nagetiere wie Mäuse oder Ratten mögen üblicherweise süße Nahrungsmittel. Verschmähen sie aber eine angebotene Saccharose-Lösung, so soll dies ein Zeichen für Anhedonie sein. Und kann man das Interesse an Saccharose durch Testsubstanzen wieder wecken, gelten diese als wirksam gegen Depression.
  • Auch mit Fliegen werden ähnliche Versuche dazu gemacht. Dafür werden sie z.B. in einer Plastikröhre eingesperrt, die anschließend mehrere Stunden lang geschüttelt wird. Nach Abschneiden der Flügel werden die Tiere auf ein Filterpapier gesetzt, das an einigen Stellen mit süßem Glycerol getränkt ist. Kein Interesse an der süßen Flüssigkeit wird als Anhedonie gedeutet. Diese Fliegen gelten dann als depressiv. Anschließend werden Medikamente an den Tieren getestet und der Versuch wiederholt (10).
  • Um bei Tieren Verzweiflung bzw. fehlende Motivation zu kreieren, bedient man sich verschiedener Versuchsaufbauten. Beim forcierten Schwimmtest wird eine Ratte in einen mit Wasser gefüllten Plexiglaszylinder gesetzt. Die Ratte schwimmt, bis sie merkt, dass sie nicht entkommen kann; sie gibt auf und lässt sich treiben. Lässt die Ratte sich früher treiben als andere Ratten, gilt sie als depressiv. Der „Tail Suspension-Test“ beruht auf ähnlichen Prinzipien. Hier werden z.B. Mäuse am Schwanz aufgehängt. Tiere mit hoher Motivation versuchen mehrmals, sich zu befreien. Eine Bewegungslosigkeit der Maus wird als passives/depressionsähnliches Verhalten bewertet.
  • Depressive Menschen haben häufig das Gefühl die Kontrolle zu verlieren, wenn sie mit stressigen, nicht kontrollierbaren Ereignissen konfrontiert werden. Dies wird im „Modell der erlernten Hilflosigkeit“ nachgestellt. So werden z. B. Ratten in eine Box gesetzt, deren Gitterboden 60 Sekunden lang unter Strom gesetzt wird. Die Ratten können den Schmerz abkürzen, indem sie einen Hebel drücken. Dieser Test wird mehrfach wiederholt. Ratten, die den Hebel schnell drücken, sind „nicht erlernt hilflos“. Tiere, die den Hebel nicht drücken, d.h., den Schmerz über sich ergehen lassen, sind „erlernt hilflos“ und werden für die Depressionsforschung herangezogen.
  • Menschen, die eine soziale Niederlage erleiden, zeigen vermehrt Symptome von Depression, Angst, sozialem Rückzug und einem Verlust des Selbstwertgefühls. Um dies beim Tier nachzubilden, werden vor allem männliche Nagetiere z.B. mehrmals mit ranghöheren, aggressiven Rivalen in deren Territorium zusammengesetzt. Die zwangsläufig folgende Unterwerfung des unterlegenen Tieres führt nach ein paar Mal zu verminderten Interaktionen, unterwürfigem Verhalten und Angst, was als Depression gewertet wird.
  • Depressive Menschen haben häufig mit verschiedenen Ängsten zu kämpfen. Deshalb werden v.a. Nagetiere in Versuchsaufbauten gesetzt, in denen es erleuchtete bzw. freie Flächen oder abgedunkelte bzw. umschlossenen Flächen gibt. Oder es erfolgt die Beobachtung in einer unbekannten Umgebung. Je mehr die Tiere die hell erleuchteten oder offenen Flächen meiden oder je weniger aktiv sie eine neue Umgebung erkunden, als desto ängstlicher gelten sie. Bewirken bestimmte Substanzen eine Verlängerung des Aufenthalts in offenen/erleuchteten Bereichen, so wird ihnen eine antidepressive Wirkung zugesprochen.
  • Beim Menschen erzeugt der Entzug von stimulierenden Substanzen Symptome, die starke Verhaltens- und physiologische Parallelen zu Depressionen aufweisen. Daher gibt es Studien, in denen Tiere zunächst über längere Zeit von Amphetamin, Kokain oder Alkohol abhängig gemacht werden. Es folgt der Entzug der Drogen und die Testung von Antidepressiva zur Auflösung der Symptome.
  • Frühe belastende Erfahrungen wie traumatische Lebensereignisse in der Kindheit führen zu einer erhöhten Sensibilität für die Auswirkungen von Stress im späteren Leben, und beeinflussen die individuelle Anfälligkeit für Depressionen. Diese Beobachtung beim Menschen wurde in Tierversuchen nachvollzogen, indem vor allem neugeborene Affen direkt nach der Geburt von ihren Müttern getrennt und vollständig oder teilweise sozial isoliert aufgezogen wurden.
  • Bei Depression kann es zum Verlust der Fähigkeit kommen, Gerüche zu unterscheiden. Dies wird simuliert, indem Nagetieren der für den Geruchssinn zuständige Teil des Gehirns chirurgisch entfernt. Betroffene Tiere sind danach in Bezug auf Artgenossen reizbarer und aggressiver als nicht operierte Nager.
  • Über längere Zeit Stress ausgesetzt zu sein, kann beim Menschen zur Depression oder Ängsten führen. Um diesen chronischen Stress bei Tieren zu simulieren, wird ihnen über Wochen bis Monate hochdosiert Cortison verabreicht. Oder sie werden für mehrere Wochen mit einer Reihe von unvorhergesehenen Stressfaktoren konfrontiert. Dazu gehören Nahrungs- und Wasserentzug für mehrere Stunden, Temperatursenkungen, Schiefstellen des Käfigs, flackerndes Licht, Veränderung des Tag-/Nacht-Rhythmus, Zusammensetzen mit fremden (aggressiven) Artgenossen, häufiges Anfassen u.v.m.
  • Durch gezielte Zucht oder gentechnische Veränderungen des Erbguts werden Tiere „hergestellt“, die in den oben beschriebenen Tests eher mit Symptomen, die an Depression erinnern, reagieren.

Medikamente gegen Depression

Das erste sogenannte Antidepressivum „Imipramin“ kam 1958 auf den Markt (11). Laut Tom Bschor, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, wurden Antidepressiva sowie eigentlich fast alle anderen Psychopharmaka innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelt (12). Seitdem gibt es nur Weiterentwicklungen und Modifikationen (z.B. bessere Verträglichkeit einiger Medikamente), aber keine Verbesserung der Wirksamkeit (13). Die Liste der Antidepressiva ist also zwar immer länger geworden, aber ohne wirkliche Innovationen in den letzten Jahren. Hinzu kommt, dass alle eingesetzten Medikamente nur mehr oder weniger die Symptome lindern, aber keine Heilung bedeuten. Auch sind die Mechanismen und Prozesse, wie die Wirkung der Antidepressiva zustande kommt, bisher nicht geklärt (12,14,15).

Eine Haupttheorie, auf die die meisten Antidepressiva abzielen ist, dass bei einer Depression ein Serotoninmangel im Gehirn herrscht. Serotonin ist ein Botenstoff, der wichtig ist für die Kommunikation der Gehirnnerven untereinander. Diese, bereits 1969 aufgestellte, Theorie wurde aber in vielen Studien stark angezweifelt (16,17). Trotzdem werden weiter Tierversuche in diesem Bereich durchgeführt und entsprechende Antidepressiva verordnet.

So ist es auch kein Wunder, dass die Wirkung von Antidepressiva nicht sehr gut ist. Bei einigen Patienten helfen sie, bei anderen wiederum nicht. Studien haben ergeben, dass es bei Patienten, die Medikamente einnehmen, im Vergleich zu depressiven Patienten die Placebos bekommen, signifikant weder zu einer Verbesserung der Lebensqualität noch zu einem Einfluss auf die Häufigkeit von Suizidversuchen kam (18–21).

Wie bereits allgemein bei tierexperimentellen Studien, gibt es auch beim angeblichen Nutzen von Antidepressiva eine Verzerrung der öffentlichen Wahrnehmung durch selektive Publikationen. Ein Großteil der Gelder für medizinische Studien wird durch die Industrie bereitgestellt, wodurch es zur Beeinflussung der Veröffentlichung von Ergebnissen kommt. Denn vor allem positive Resultate sind interessant. Deshalb werden sie häufiger publiziert als Studien, die keine Wirkungsnachweise liefern. Die Folge ist eine Verzerrung der öffentlichen Wahrnehmung, wodurch die Wirkung von Antidepressiva deutlich überschätzt wird (22,23).

Dabei gibt es gerade in der Entwicklung von Psychopharmaka, zu denen auch die Antidepressiva gehören, eine extrem schlechte Erfolgsrate. 94 % der Psychopharmaka, die sich im Tierversuch als wirksam und sicher erwiesen haben, scheitern in den anschließenden Tests an Menschen. Und das vor allem, weil sie nicht wirken oder hochgradige Nebenwirkungen verursachen. Nur Krebsmedikamente schneiden mit einer Durchfallquote von 95 % noch schlechter ab (24).

Sonstige Behandlungsmöglichkeiten

Neben Medikamenten gibt es eine Reihe von weiteren Therapieformen wie Psychotherapie, Lichttherapie, Wachtherapie, repetitive Magnetstimulation, Elektrokonvulsionstherapie und Bewegungstherapie (25). Abgesehen von Psychotherapie sind diese auch meist in Tierversuchen entwickelt und getestet worden (26–28).

Warum „Tiermodelle“ in der Depressionsforschung nicht funktionieren

Selbst wenn Tiere wie der Mensch an Depressionen erkranken können, so gibt es doch triftige Gründe, warum Tierversuche in der Depressionsforschung keinen Sinn machen, zumal keine Tiere verwendet werden, die natürlicherweise an der Erkrankung leiden. Depression ist eine sehr individuelle Krankheit mit vielen Gesichtern und zig Ursachen. Es gibt also nicht DIE Depression und auch nicht DEN typischen depressiven Patienten. Doch gerade diese individuelle Mischung aus Symptomen und Ursachen ist  von großer Bedeutung, vor allem wenn es um die Wirksamkeit von Therapien geht. Im Tierversuch werden aber meist nur einzelne Symptome der Krankheit berücksichtigt oder künstlich in sogenannten „Tiermodellen“ hergestellt. Betroffene Menschen werden sich auch fragen, was Ratten oder Fliegen, die eine Zuckerlösung verschmähen, mit ihnen und ihrer Krankheit gemeinsam haben. Oder Ratten, die sich nicht mehr wehren, wenn sie Stromschläge bekommen bzw. in einem Wasserbehälter aufhören zu schwimmen. Den Sinn solcher „Tiermodelle“ zweifeln auch viele Forscher an, sogar welche, die selbst tierexperimentelle Depressionsforschung gemacht haben (29–32).

Auch der zeitliche Aspekt wird völlig missachtet. Denn eine Depression - wenn nicht ein akutes einschneidendes Ereignis Auslöser ist - entwickelt sich, wie viele andere Krankheiten auch, meist über einen langen Zeitraum über Monate und Jahre hinweg. Tierversuche finden aber nur über Tage bis Wochen statt.

Die Nutzung von „Tiermodellen“ bei psychischen Erkrankungen beinhaltet über die normale Problematik der künstlichen Erstellung von Einzel-Symptomen hinaus noch einen wichtigen Aspekt. Wird das durch Manipulation verursachte Verhalten der Tiere überhaupt richtig interpretiert? Wenn Ratten, die dem forciertem Schwimmtest ausgesetzt werden, sich eher treiben lassen, soll dies ein Zeichen für Hoffnungslosigkeit und damit Depression sein. Aber ist es nicht eher ein erlerntes Verhalten? Die Ratte hat realisiert, dass sie den Wasserbehälter nicht verlassen kann. Sie spart deshalb ihre Kräfte auf, indem sie sich treiben lässt (33,34).

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Eine Ratte gilt als depressiv, wenn sie aufhört zu schwimmen.

Die Behauptung, dass derartige tierexperimentelle Depressionsforschung relevant für Menschen ist, wurde bereits mehrfach auf den Prüfstand gestellt. So beschäftigte sich 2020 eine Studie damit, wie stark die Erkenntnisse aus Versuchen mit Ratten in spätere humanmedizinische Arbeiten eingeflossen sind. Ergebnis war, dass die Studien mit Ratten vor allem in anderen tierexperimentellen Publikationen zitiert wurden. Nur in unter 10 % der Fälle wurden die Arbeiten in humanmedizinischen Veröffentlichungen erwähnt (35). Eine Studie aus 2019 analysierte sogar die Relevanz von Versuchen mit Affen für humanmedizinische Arbeiten über Depression. Auch hier gab es das Resultat, dass die Tierversuche in späteren humanmedizinischen Studien kaum Beachtung fanden, sondern eher auf Erkenntnisse aus menschenbasierten In vitro- („Im Reagenzglas“) oder In-silico- (d.h. mittels Computermethoden) Forschungsansätzen zurückgegriffen wurde. Zitiert wurden die tierexperimentellen Versuche auch hier vor allem in anderen Studien mit Tieren (36). Das bedeutet demnach, dass das heutige klinische Verständnis von Depression eben nicht auf Forschung mit Tieren beruht.

Tierversuchsfreie Forschungsmethoden

Bevölkerungs- und Patientenstudien

Bei mentalen Erkrankungen wie der Depression kann man die Problematik nicht wie häufig bei anderen Krankheiten einfach auf ein Organsystem herunterbrechen. Deshalb sind gerade hier Bevölkerungs- wie auch Patientenstudien mit verschiedenen Schwerpunkten extrem wichtig, um Erkenntnisse über Ursachen oder Wirkungen von Therapien zu erhalten. Dafür werden Daten von einer möglichst großen Anzahl an Betroffenen und gesunden Probanden verwendet.

Dabei gibt es heutzutage quasi unzählige Möglichkeiten Daten zu gewinnen. Denn so vielschichtig und individuell eine Depression ist, so vielfältig sind auch die auf Menschen basierenden Möglichkeiten der Forschung. Und die meisten von ihnen sind nicht bzw. wenig invasiv, das heißt die Maßnahmen gehen nicht mit operativen Eingriffen oder eventuell nur mit einer Blutentnahme einher. Gerade eine solche Blutentnahme ermöglicht aber auf einfache Weise die Untersuchung wichtiger Werte wie der Aktivierung bestimmter Gene, dem Gehalt an Entzündungsmarkern oder dem Stresshormon Cortison (37–40).

Mit hochmodernen Technologien wie fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie), fNIRS (funktionelle Nah-Infrarotspektroskopie), PET (Positronen-Emissions-Tomographie), EEG (Elektroenzephalographie) und MEG (Magnetoenzephalographie) lassen sich die Hirnaktivität, im Falle von fMRT auch strukturelle Veränderungen des Gehirns messen. Hinzu kommen psychophysiologische Messungen, die die Analyse des vegetativen Nervensystems und des neuroendokrinen Systems ermöglichen (41,42). Nutzt man diese Untersuchungsmethoden, teilweise in Verbindung mit Blutuntersuchungen und Computerprogrammen, so kann man schnell eine enorme Menge an wichtigen Daten erhalten. Das zeigt sich auch in vielen Patientenstudien, die gemacht wurden oder werden.

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Mit der fMRT lassen sich die Hirnaktivität und strukturelle Veränderungen des Gehirns direkt am Menschen messen. 

So beschäftigt sich ein internationaler Zusammenschluss aus Wissenschaftlern (IntegraMent-Konsortium) mit der Suche nach genetischen und molekularen Ursachen für Depression (43). Im Rahmen dieser Arbeit konnten bereits neue Gene entdeckt werden, die mit schweren Formen der Erkrankung in Verbindung stehen (44). In der BiDirect-Studie wird die Beziehung zwischen Depression und Arterienverkalkung vor Auftreten akuter, klinischer Ereignisse, wie dem Herzinfarkt, untersucht (45). Für die NAKO-Studie werden Freiwillige medizinisch untersucht und nach ihren Lebensumständen befragt, um chronische Erkrankungen wie die Depression genauer zu erforschen (46). Um die dynamischen Prozesse im Gehirn bei akutem Stress zu untersuchen, wurde das Gehirn von Gesunden und Patienten mit Depressionen oder Angststörungen in einem Magnetresonanztomographen untersucht, während die Probanden unter Zeitdruck Mathematikaufgaben lösen mussten. Zusätzlich wurden Herzfrequenz und Cortisolspiegel im Blut gemessen (37). Bisher werden Patienten mit Depressionen alle nach dem gleichen Schema behandelt. Die Studie P4D (Personalisierte, prädiktive, präzise und präventive Medizin zur Verbesserung der Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Prävention depressiver Erkrankungen) hat das Ziel, individualisierte Behandlungsansätze mit Hilfe von Biomarkern, aber auch Kernspintomographien, Hirnstrommessungen, Schlafdiagnostik und weiteren Untersuchungen zu entwickeln (47).

In-silico- und In-vitro-Methoden

Neben Patientenstudien können auch verschiedene In-silico- oder In-vitro-Methoden Erkenntnisse über Depression liefern. Forscher stellten z.B. ein depressives Gehirn in einem Computermodell nach. Anhand dieses Modells konnten sie feststellen, dass langanhaltende depressive Phasen nicht nur das Kurzzeit- sondern auch Langzeitgedächtnis beeinträchtigen können (48). In einer anderen Studie wurden Nervenzellen der Hirnrinde aus Blutvorläuferzellen von Patienten hergestellt und mit dem Antidepressivum Bupropion behandelt, das sich nur bei einem Teil der Patienten als wirksam erwiesen hat. Dabei konnten Biomarker identifiziert werden, die es ermöglichen könnten, anhand einer Blutprobe die Aussage zu treffen, ob Bubropion bei einem Patienten wirksam ist oder nicht (49). Aus menschlichen Nervenvorläuferzellen wurde ein Zellmodell entwickelt, welches die schädliche Wirkung von Stress auf diese Zellen widerspiegelt. Und bei dem es durch die Behandlung mit dem Antidepressivum Mirtazapin zu einer Verbesserung der Zellschäden kommt (50). Epidemiologische und klinische Studien deuten darauf hin, dass die Einnahme von bestimmten Fettsäuren bei schwerer depressiver Störung wirksam sein könnte. Anhand von induzierten pluripotenten Stammzellen von Patienten mit Depression wurden bestimmte Nervenzellen erzeugt. Eine Behandlung der Zellen mit verschiedenen Fettsäuren hatte dabei einen positiven Einfluss auf die Entwicklung dieser Nervenzellen (51). In einer weiteren Studie wurden induzierte pluripotente Stammzellen von Patienten, die entweder gut oder schlecht auf Antidepressiva der Gruppe der Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Selective Serotonin Reuptake Inhibitor, SSRI) ansprechen, genutzt, um Nervenzellen des Vorderhirns herzustellen. An ihnen konnten Hinweise auf die Ursache dieser Therapieresistenz gefunden werden (52,53).

Auch dreidimensionale Mini-Gehirne (Organoide), bestehend aus verschiedenen, für das Gehirn typischen Zellen, kommen in der Depressionsforschung zum Einsatz. So beschäftigen sich diverse Studien mit der positiven wie negativen Wirkung von Antidepressiva oder antidepressiv wirkender Substanzen auf menschliche Hirn-Organoide (54–56).

Prävention

Das Risiko, überhaupt an einer Depression zu erkranken, lässt sich durch achtsamere Lebensweise deutlich verringern. Und auch bei Patienten mit Depression können die Symptome dadurch gelindert bzw. die „guten Phasen“ verlängert werden. Dies zeigen diverse Bevölkerungs- und Patientenstudien, die sich mit dem Einfluss von Sport, Ernährung, Suchtmitteln wie Alkohol oder Rauchen auf das Auftreten einer Depression beschäftigt haben (57–60).

Fazit

Gerade mentale Erkrankungen wie Depression lassen sich nicht auf allgemein gültige einzelne Symptome herunterbrechen. Die Entstehung von Depression zeichnet sich durch eine individuelle und komplexe Wechselwirkung zwischen einem hochentwickelten menschlichen Gehirn und einer Vielfalt von äußeren und inneren Faktoren aus. Dies muss bei der Suche nach Krankheitsursache und Heilung berücksichtigt werden. „Tiermodelle“ mit künstlich hervorgerufenen Symptomen können dafür definitiv keine Lösung darstellen. Und dass vor allem vor dem Hintergrund, dass es eine Vielzahl von modernen Methoden gibt, mit denen relativ einfach wichtige Patientendaten erhoben werden können. Diese gilt es zu nutzen und weiterzuentwickeln!

14.04.2023
Dr. med. vet. Gaby Neumann

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